Hempfling H, Krenn V (Hrsg.):
Schadenbeurteilung am Bewegungssystem in zwei Bänden, 1490 S.
Berlin/Boston: Walter de Gruyter, 2016, 289,00 €
ISBN 978-3-11-028322-8
Wer meint, dass die Bücherregale der ärztlichen Sachverständigen ausreichend mit so genannten Standardwerken zur Beurteilung von Verletzungen und ihren Folgen gefüllt seien, wird durch das vorliegende Werk eines Besseren belehrt. Während in vielen Werken zur Begutachtung das Hauptaugenmerk gerichtet ist auf die Vermittlung der handwerklichen Fähigkeiten des ärztlichen Sachverständigen zur Erstellung fach- und sachgerechter Gutachten unter der Prämisse der Kenntnisvermittlung rechtlicher Grundlagen der ärztlich-gutachtlichen Tätigkeit, so finden sich in dem hier vorliegenden zweibändigen Werk die medizinisch-wissenschaftlichen Grundlagen für die Beurteilung von Unfallzusammenhangsfragen bei einer Großzahl von Verletzungsbildern. Dabei legen die Autoren großen Wert auf eine Sprachdisziplin, die Grundlage eines gegenseitigen Verständnisses ist. Stellvertretend seien hier nur die Bezeichnungen „Degeneration“ und „Texturstörung“ benannt.
Der Focus der Herausgeber liegt auf ärztlich-gutachtlichen Themen, die aktuell auch z. T. kontrovers durch vereinzelte Meinungsbildungen und Befundinterpretationen diskutiert werden. Sie haben daher über 8200 wissenschaftliche Publikationen ausgewertet, so dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass in diesem Werk zu den abgehandelten Verletzungsbildern nicht eine (einzelne) Autorenmeinung dargestellt ist, sondern auch divergierend wissenschaftlich diskutierte Fragestellungen umfassend abgehandelt werden und im Ergebnis die allgemein herrschende wissenschaftliche Lehrmeinung dargelegt wird, wie sie auch von der Rechtsprechung bei der Gutachtenerstellung gefordert wird.
Nach einem einleitenden Teil zu den Grundlagen der Begutachtung werden Krankheits- und Verletzungsbilder des Knorpels, der Knochen sowie des Bindegewebes im Allgemeinen und Speziellen dargestellt und allumfassend anhand der wissenschaftlichen Publikationen abgehandelt.
Das Buch ist nicht mal eben schnell zum Nachschlagen und „Abschreiben“ bei einer gutachtlichen Problematik geeignet, man muss sich einlassen auf das Werk. Wer sich aber die Zeit nimmt und das ihn interessierende Kapitel wirklich studiert, wird gefesselt und am Ende belohnt sein von einem „AHA“-Effekt mit einem umfassenden Wissen und Verständnis medizinischer Zusammenhangsfragen.
Das Buch leistet einen großen Beitrag zum interdisziplinären Verständnis von Gesundheitsschädigungen am Bewegungssystem und sollte somit in keiner Bibliothek eines ärztlichen Sachverständigen fehlen.
H. T. Klemm, Bayreuth/Erlangen