Cording C., Nedopil N. (Hrsg.)
2023, 318 S.
Lengerich, Pabst Science Publishers
ISBN 978-3-95853-816-0
Print € 30, E-Book € 20
Neun Jahre nach der Erstauflage ihres zu Recht als „Handbuch für die Praxis“ bezeichneten Buches legen Cording und Nedopil, die in Deutschland sicherlich zu den profiliertesten Experten im Bereich zivilrechtlicher psychiatrischer Fragestellungen zählen, eine Neuauflage vor. Bereits die Zunahme der Seitenzahl um annähernd ein Drittel lässt ahnen, dass sich in diesen Jahren sowohl hinsichtlich neuer medizinischer Aspekte als auch neuer Gerichtsurteile einiges verändert hat.
Die bewährte inhaltliche Gliederung wurde im Wesentlichen beibehalten und auch das in der Vorauflage bewährte Autorenteam ist wieder dabei – einschließlich Kollegen aus Österreich und der Schweiz, welche die in ihren Ländern zum Teil doch erheblich anderen rechtlichen Vorgaben beleuchten. Neu hinzugekommen ist ein Jurist, der schwerpunktmäßig das Patientenrechtegesetz bearbeitet hat. Dieses war zum Zeitpunkt der Vorauflage gerade verabschiedet worden und damals sicherlich noch nicht in seiner Bedeutung abschätzbar.
Ebenfalls neu hinzugekommen ist ein Kapitel zur Freiverantwortlichkeit der Entscheidung für einen assistierten Suizid, ein gleichermaßen wichtiges wie schwieriges Thema, nachdem 2020 das Bundesverfassungsgericht die bestehende gesetzliche Regelung in Deutschland für nichtig erklärte. Die zugehörige Aufarbeitung der Problematik durch Cording und Saß lässt unschwer erkennen, dass die Autoren hier über umfassende Kompetenz verfügen und in der aktuellen Diskussion „an vorderster Front stehen“.
Zwar eher knappgehalten, aber gleichermaßen lesenswert sind die als „Exkurs“ bezeichneten Ausführungen zum Übergang von der ICD-10 in die ICD-11. Zwar liegt Deutschland hier derzeit auf wenig absehbare Zeit in „Wartestellung“, von rechtlicher Seite wird die ICD-11 jedoch zunehmend mitherangezogen, nachdem diese international im Jahr 2022 Gültigkeit erlangt hat.
Weiterhin eher etwas randständig behandelt sind die Themen der privaten Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung sowie der Haftpflichtversicherung. Zwar gehören diese gleichermaßen zum Zivilrecht, stellen aber auch nicht den fachlichen Schwerpunkt des Buches dar, das auf die Geschäfts-, Testier- und Deliktfähigkeit, auf das Betreuungs- und Unterbringungsrecht sowie, wie bereits oben vermerkt, neu auch auf die im Patientenrechtegesetz verankerte Arzthaftung fokussiert.
Im Vorwort erklären die Autoren, das Buch wende sich an alle, die beruflich mit zivilrechtlichen Fragestellungen zu tun haben, so dass man zunächst vor allem an medizinische Sachverständig als Leser denken mag. Derartige Fragen betreffen jedoch nicht nur Gutachter, sondern letztlich alle psychiatrisch tätigen Ärzte. Hier hilft das Buch Fehler zu vermeiden, die nicht „nur“ zu zivil-, sondern im Einzelfall auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen können, so dass ihm eine weite Verbreitung zu wünschen ist. Dazu sollte nicht zuletzt der bemerkenswert moderate Preis beitragen.
B.Widder, Günzburg