Segmiller / Dudeck
Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2019, 89 EUR
ISBN 978-3-17-033736-7
Für Fragen der psychiatrischen und forensischen Begutachtung stehen mehrere Lehrbücher zur Verfügung. Insbesondere gutachterliche Einsteiger tun sich jedoch schwer, anhand dieser mit wenigen Ausnahmen erheblich rechtlich geprägten Werke verwertbare eigene Gutachten zu verfassen, wenn sie nicht das Glück eines geeigneten Lehrers haben, der sie in die praktische Begutachtung einführt. Das neu vorliegende Buch von Segmiller und Dudeck „Psychiatrische Beispielgutachten“ trägt dazu bei, diese Lücke zu schließen.
Nach einer kurzen Einführung in den Ablauf der gutachtlichen Untersuchung und den Aufbau psychiatrischer Gutachten findet sich die beachtliche Zahl von insgesamt 17 Beispielgutachten aus dem Sozial-, Zivil- und Strafrecht, ein Fall (Dienstfähigkeit) betrifft auch das Verwaltungsrecht. Diese sind didaktisch sehr gut aufbereitet, indem zahlreiche Randnotizen Hilfestellung zu den einzelnen Punkten geben und wesentliche Aspekte jeweils in „Merke-Kästchen“ genannt werden. Anhand dieser Anmerkungen erfährt der Leser ohne trockene Belehrungen quasi „nebenbei“, auf was er alles zu achten hat, damit sein Gutachten schlüssig ist und rechtlichen Bestand hat.
Sehr gut gelungen erscheint auch ein eigenes Kapitel über testpsychologische Untersuchungen, das den hierin meist wenig erfahrenen Arzt in die Möglichkeiten und Grenzen dieser Verfahren einführt. Anhand von zwei Beispielgutachten (berufliche Leistungsfähigkeit, strafrechtliche Prognoseeinschätzung) werden die unterschiedlichen Testansätze prägnant dargestellt.
Entsprechend dem klinischen Schwerpunkt der Autoren konzentrieren sich die vorgestellten Beispielfälle auf zivilrechtliche Fragestellungen der Betreuung, der Geschäfts(un)fähigkeit und Unterbringung sowie auf forensische Aspekte der Schuldfähigkeit und Prognosebeurteilung. Das Sozialrecht kommt demgegenüber etwas kurz und zwei der vier hierzu vorliegenden Beispielgutachten stammen aus dem Zivilrecht (Berufsunfähigkeitsversicherung, Haftpflicht).
Ergänzt wird der Text durch eine prägnante Zusammenstellung möglicher Fehlerquellen in Gutachten mit vor allem auch konkreter Nennung von Verbesserungsvorschlägen, darüber hinaus finden sich kurze Kapitel zu Besonderheiten bei Migrationshintergrund, zur Abrechnung und zum Verhalten als Sachverständiger vor Gericht.
Zusammenfassend erscheint das vorliegende Buch sehr gut geeignet, um sich in die Thematik der psychiatrischen Begutachtung einzuarbeiten, aber auch der bereits Erfahrene findet hierin zahlreiche wertvolle Tipps. Als letztlich einzigen Mangel zu nennen ist, dass das Aufsuchen der einzelnen Beispielgutachten etwas schwerfällt. Hier wäre ein Index am Anfang des Buchs mit stichwortartiger Aufzählung der jeweiligen Fragestellungen hilfreich gewesen.
B. Widder, Günzburg