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„Andropause“ gibt es nicht

Zwar fällt in Feldstudien die Testosteronproduktion beim Mann im Durchschnitt ab der vierten Lebensdekade kontinuierlich ab. Allerdings ist die interindividuelle Streuung so hoch, dass beispielsweise ein gesunder 30-jähriger Mann einen niedrigeren Testosteronspiegel aufweisen kann als ein gesunder 80-jähriger (1). Nichtsdestoweniger beschreibt der laborchemische Befund des Androgendefizits ein morgendlich gemessenes Testosteron, welches niedriger ist als der untere Referenzbereich bei gesunden jungen Männern.

 

Im Rahmen einer aktuellen Studie, den sogenannten TTrials (2), wurde dieser untere Schwellenwert bei 9,5 nmol/l (274 ng/dl) angesetzt und von da an wurde bei über 65-jährigen Männern, die über sexuelle Funktionsstörungen, ein Gefühl der Kraftlosigkeit und/oder über Müdigkeit klagten, Testosteron substituiert. Die Behandlungsergebnisse im Vergleich zu Plazebo waren jedoch – mit Ausnahme sexualmedizinischer Besserung – nicht bedeutend. Insbesondere hinsichtlich Muskelkraft und Muskelfunktion zeigte Testosteron keinen überzeugenden Nutzen (3).

 

Eine seit 2010 befürchtete Erhöhung des kardiovaskulären Risikos durch zu liberale Testosterongabe bei Senioren (4) konnte durch die TTrials ebenfalls nicht ausgeräumt werden. „Testosteron ist kein Medikament für die Geriatrie“, fasste Bollheimer den aktuellen Kenntnisstand zusammen.

 

1)    Decaroli MC u. Rochira V (2017) Virulence 8: 545

2)    Snyder PJ et al (2016) New England Journal of Medicine 374: 611

3)    Snyder PJ et al (2018) Endocrine Reviews 39: 369 

4)    Basaria S et al (2010) New England Journal of Medicine 363: 109

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden