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Ausstattung einer Handprothese – was ist medizinisch notwendig?

Aus dem Tätigkeitsbericht des Ombudsmanns der PKV für das Jahr 2023

Im Berichtsjahr 2023 haben sich Antragsteller vor allem mit folgenden drei Themenkomplexen an die Schlichtungsstelle gewandt, berichtet Heinz Lanfermann, Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung (PKV), in seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2023:

  • Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (15,4 %)
  • Gebührenstreitigkeiten (15,3 %)
  • Medizinische Notwendigkeit (15,2 %)
  • Grundvoraussetzung für den Anspruch auf Leistung in der Privaten Krankenversicherung ist immer, dass die jeweilige Maßnahme „medizinisch notwendig“ sein muss. Viele Antragsteller wissen nun nicht, dass die Frage nach der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung im Rahmen des Schlichtungsverfahrens nur einer summarischen Prüfung unterzogen werden kann. Hintergrund ist, dass im kostenlosen Ombudsmannverfahren keine kostenintensiven ärztlichen Gutachten eingeholt werden können. Selbst wenn dies möglich wäre, würde es sich hierbei auch nur um eine weitere Fachmeinung ohne Bindungswirkung handeln.

    Der Ombudsmann prüft daher, ob dem Antragsteller willkürlich Leistungen vorenthalten wurden oder ob die Entscheidung des Versicherers auf sachfremden Erwägungen beruht.

    Beispiel aus dem Schlichtungsalltag: Ausstattung einer Handprothese

    Als Beispiel schildert der Ombudsmann folgenden Fall:

    Der Antragsteller hatte seine rechte Hand verloren und war auf eine prothetische Versorgung angewiesen. Er hatte eine aus Silikon bestehende Handprothese zu einem Preis von 14.051,88 Euro ausgewählt, welche genau auf seinen Hauttyp abgestimmt war. Nach Auffassung des Versicherers ging diese Prothese jedoch über das medizinisch notwendige Maß hinaus. Er hatte lediglich einen Teilbetrag von 9.444,89 Euro entsprechend einer Ausstattungsvariante „Classic“ erstat­tet. Damit war der Antragsteller nicht einverstanden und wies darauf hin, dass er – insbesondere aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit und dem damit verbundenen Umgang mit Kunden – auf eine lebensechte Handprothese angewiesen sei.

    Im vorliegenden Fall hatte der Versicherer einen Gutachter eingeschaltet. Dieser hatte erläutert, dass Silikonprothesen in verschiedenen Ausstattungsvarianten angeboten werden, die sich lediglich in der Genauigkeit der kosmetischen Ausgestaltung unterscheiden, nicht dagegen in der Funktion:

  • So gibt es das Modell „Basic“, bei dem es sich um eine genau passende Silikonprothese ohne detaillierte optische Ausgestaltung handelt.
  • Bei der Variante „Classic“ soll die natürliche Hautfarbe mittels zwei bis drei Farben abgebildet werden.
  • Die Variante „Individuell“ bedient sich fünf bis sieben Farben für die Hauterscheinung sowie drei bis fünf Farben für die Fingernägel.
  • Der Gutachter war zu dem Ergebnis gekommen, dass eine medizinisch notwendige Versorgung bereits durch die Variante „Basic“ erreicht sei. Die farbliche Ausgestaltung diene lediglich kosmetischen Aspekten. Der Versicherer hatte sich der Einschätzung des Gutachters angeschlossen, dennoch entgegenkommend die Kosten für die Handprothese der Variante „Classic“ erstattet.

    Die Erwägungen des Gutachters hielt der Ombudsmann für nachvollziehbar: Sinn und Zweck des Hilfsmittels Handprothese ist es, die Funktionsfähigkeit der Hand wiederherzustellen. Dies wäre bereits mit der Variante „Basic“ erreicht worden. Die Varianten „Classic“ und „Individuell“ gehen daher über das medizinisch notwendige Maß hinaus.

    Zwar ist es durchaus verständlich, dass sich der Antragsteller – gerade im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit – eine Handprothese wünscht, welche farblich genau auf seinen Hauttyp abgestimmt ist, so der Ombudsmann. Allerdings sei bereits in der Rechtsprechung entschieden, dass berufliche Besonderheiten eine medizinische Notwendigkeit für zusätzliche Ausstattungsmerkmale nicht rechtfertigen können. Für diese müsse dann ein Eigenanteil aufgebracht werden.

    Umso mehr freue es ihn, dass der Versicherer sich an der Ausstattungsvariante „Classic“ orientiert hatte. Damit seien auch die persönlichen Wünsche des Antragstellers berücksichtigt worden.

    https://www.pkv-ombudsmann.de/w/files/pdf/tactigkeitsbericht-2023.pdf

    G.-M. Ostendorf, Wiesbaden