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Bagatelltrauma bei alten Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen: Fraktur nicht übersehen

Die Altersentwicklung der Bevölkerung führt zu einem Anstieg von Patienten mit DISH (degenerativer Erkrankung der Wirbelsäule mit typischen Verkalkungen des paravertebralen Bindegewebe) und von älteren Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS; Morbus Bechterew), welche sich bereits bei Bagatellverletzungen Frakturen der Wirbelsäule zuziehen können, warnte Claudius Thomé, Direktor der Universitätsklinik für Neurochirurgie an der Medizinischen Universität Innsbruck (Österreich), auf dem 10. Neurochirurgie-Update-Seminar am 10. und 11. Februar 2022 in Wiesbaden.

Aufgrund des geringen Traumas und der oft (initial) geringen Symptomatik ist die Diagnostik häufig verzögert oder insuffizient. Eine Röntgen-Nativdiagnostik ist bei ankylosierenden Erkrankungen unzureichend. Bei DISH-Patienten (ohne neurologische Symptomatik) scheint ein CT-Untersuchung möglicherweise auszureichen. Allerdings ist dann zwingend die gesamte Wirbelsäule darzustellen, da lokale Schmerzen keine Lokalisierung erlauben und multiple Frakturen nicht selten sind.

Auch wenn DISH und ankylosierende Spondylitis häufig in einen Topf geworfen werden, ist letztere Erkrankung deutlich dramatischer in Bezug auf die Komplexität der Fraktur, begleitende Bandverletzung und zusätzliche Komplikationen, erklärte Thomé und betonte hierzu: „Die MRT-Diagnostik ist Pflicht!“

Auch Sakrum-Insuffizienzfrakturen, sowohl spontan als auch postoperativ nach Instrumentation bis SWK 1, finden sich immer häufiger. Da sie im Röntgenbild praktisch nie und im CT ebenfalls nicht verlässlich diagnostiziert werden, ist bei entsprechendem Verdacht eine MRT-Diagnostik zwingend, forderte Thomé. Bei akut aufgetretenen tief-lumbalen Schmerzen des älteren Patienten (v. a. Frauen) müsse man unbedingt daran denken!

Anmerkung:

Diese Ausführungen sind auch aus gutachtlicher Sicht (im Arzthaftpflicht-Fall) besonders relevant, da übersehene Wirbelsäulenfrakturen bei diesen Patienten zu erheblichen Folgebeschwerden und Komplikationen führen können. Hier kann dann der Vorwurf eines Befunderhebungsfehlers erhoben werden.

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden