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Begutachtung von homöopathischen Behandlungen

Homöopathie sollte weder als Kassenleistung zur Abrechnung kommen können noch als Entität mit Sonderstatus in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Erwähnung finden, erklärte der 128. Deutsche Ärztetag am 10.5.2024 in Mainz und forderte den Gesetzgeber zu entsprechenden Maßnahmen auf. Die Anwendung von Homöopathie in Diagnostik und Therapie stelle „in der Regel keine mit rationaler Medizin, dem Gebot der bestmöglichen Behandlung sowie einem angemessenen Verständnis medizinischer Verantwortung und ärztlicher Ethik vereinbare Option dar“, wird in dem Beschluss betont.

Daher solle auch die rechtliche Bewertung von Homöopathika als Arzneimittel, einhergehend mit einer Apothekenpflicht, beendet werden, so der Ärztetag. Eine Revision der Arzneimitteleigenschaft von Homöopathika und der Binnen-Konsens-Regelung im Arzneimittelgesetz (AMG) sei ebenfalls erforderlich.

Bereits auf dem Internistenkongress 2021 hatte sich der Sprecher des Informationsnetzwerks Homöopathie, Christian Lübbers aus Weilheim, kritisch mit der Homöopathie auseinandergesetzt und keine Zweifel daran gelassen, dass er diese auf den Theorien Samuel Hahnemanns (1755-1843) beruhende Heilmethode für eine Parawissenschaft hält.

Derzeit ist die Homöopathie allerdings weiter in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) enthalten mit folgenden zwei – ausgesprochen detailliert beschriebenen – Abrechnungspositionen:

  • GOÄ-Nr. 30: „Erhebung der homöopathischen Erstanamnese mit einer Mindestdauer von einer Stunde nach biographischen und homöopathisch-individuellen Gesichtspunkten mit schriftlicher Aufzeichnung zur Einleitung einer homöopathischen Behandlung – einschließlich homöopathischer Repertorisation und Gewichtung der charakteristischen psychischen, allgemeinen und lokalen Zeichen und Symptome des jeweiligen Krankheitsfalls, unter Berücksichtigung der Modalitäten, Alternanzen, Kausal- und Begleitsymptome, zur Auffindung des homöopathischen Einzelmittels, einschließlich Anwendung und Auswertung standardisierter Fragebogen“
  • GOÄ-Nr. 31: „Homöopathische Folgeanamnese mit einer Mindestdauer von 30 Minuten unter laufender Behandlung nach den Regeln der Einzelmittelhomöopathie zur Beurteilung des Verlaufs und Feststellung des weiteren Vorgehens – einschließlich schriftlicher Aufzeichnungen“
  • Für den Gutachter, der etwa für ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung (PKV) die homöopathische Behandlung eines Patienten durch einen Arzt beurteilen soll, sind – neben der Frage der generellen medizinischen Notwendigkeit einer solchen Behandlung mit Homöopathie, die vor dem 128. Deutsche Ärztetag auch „als pseudomedizinische Methode“ bezeichnet wurde – auch folgende Aspekte von Bedeutung:

  • Die GOÄ-Nummern 31 und 32 beziehen sich ausdrücklich (nur) auf die Behandlung mit homöopathischen Einzelmitteln nach der Vorstellung, dass jeder Mensch „seine“ Krankheit habe und folglich auch „sein“ Heilmittel brauche, welches – aufgrund der Gesamtheit der Symptome – individuell passend für den einzelnen Patienten gewählt werden müsse.
  • Die Behandlung mit homöopathischen Komplexmitteln (fertige Arzneigemische aus mehreren einzelnen Homöopathika in fixer Kombination) entspricht dagegen nicht der Homöopathie Hahnemanns, da solche Komplexe weder nach dem Ähnlichkeitsprinzip („similia similibus curentur“) ausgewählt noch über einen sog. „Arzneimittelversuch am Gesunden“ gefunden wurden. Somit ist eine solche Behandlung nicht nach den GOÄ-Nummern 31 und 32 berechenbar.
  • Homöopathika werden oft auch in Ampullenform eingesetzt. Für eine solche Injektions- bzw. Infusionstherapie ist jedoch – auch nach dem Konzept Hahnemanns – keine Notwendigkeit zu erkennen, zumal Homöopathika typischerweise oral (als sog. Dilutionen oder Globuli) verabreicht werden.
  • Ebenfalls sehr kritisch zu sehen ist die Behandlung mit Nosoden, d. h. homöopathischen Zubereitungen, deren Rohstoffe von Krankheitserregern, Schadstoffen (etwa Schwermetallen) oder dem Material kranker Personen bzw. Tieren stammen, um entsprechende Krankheiten bzw. (vermeintliche) Vergiftungen zu therapieren. Auch das entspricht nicht dem Ähnlichkeitsprinzip Hahnemanns.
  • Dies gilt insbesondere dann, wenn die entsprechenden Präparate mittels der Elektroakupunktur nach Voll (EAV) oder eines ähnlichen Verfahrens ausgewählt wurden.
  • Bei der Abrechnung einer homöopathischen Behandlung durch Heilpraktiker nach dem Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH) ist zu beachten, dass die GebüH-Nr. 2 folgende Leistung umfasst: „Durchführung des vollständigen Krankenexamens mit Repertorisation nach den Regeln der klassischen Homöopathie“.

    Auffällig ist nun, dass Heilpraktiker oft die GebüH-Nr. 2 mehrfach im Laufe einer Behandlung berechnen mit der Angabe „Repertorisation“. Dabei handelt es sich um die Suche nach dem jeweiligen homöopathischen Mittel in sog. Repertorien (homöopathischen Nachschlagewerken).

    Da der Leistungsinhalt der GebüH-Nr. 2 aber ausdrücklich das vollständige Krankenexamen (nach den Regeln der klassischen Homöopathie) beinhaltet und nicht nur die Repertorisation, ist eine mehrfache Berechnung der GebüH-Nr. 2 während eines Behandlungsfalles nicht zu akzeptieren, da ein vollständiges Krankenexamen nicht mehrfach kurz nacheinander erhoben werden muss.

    G.-M. Ostendorf, Wiesbaden