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BGH: Einsatz des Femtosekundenlasers bei Katarakt- Operation nicht nach GOÄ-Nr. 5855 analog berechenbar

Der Einsatz eines Femtosekundenlasers bei Durchführung einer Katarakt-
Operation ist nach GOÄ-Nr. 1375 (extrakapsuläre Operation des Grauen Stars mittels gesteuerten Saug-Spül-Verfahrens oder Linsenkernverflüssigung (Phakoemulsifikation) ...) zu honorieren, aber nicht zusätzlich durch analogen Ansatz der GOÄ-Nr. 5855 (intraoperative Strahlenbehandlung mit Elektronen), entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.10.2021 (AZ: III ZR 353/20), über welches die Fachzeitschrift „­Versicherungsrecht“ berichtet. Ggf. kommt stattdessen der Zuschlag nach GOÄ-Nr. 441 (Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen) hinzu.

Der BGH bestätigt mit diesem Urteil die einschlägige aktuelle Rechtsprechung, über die bereits in dieser Zeitschrift berichtet wurde (Heft 4/2020, S. 159 und Heft 4/2021, S. 172). Hier kurz zusammengefasst wesentliche Punkte der Argumentation des BGH:

  • Die herkömmliche Katarakt-Operation, zu der als Bestandteil die Linsenkernverflüssigung (Phakoemulsifikation) gehört, wird durch den Lasereinsatz nicht ersetzt, sondern lediglich hinsichtlich einzelner Teilschritte bei der Vorbereitung der Entfernung der getrübten Linse modifiziert.
  • Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei Verwendung eines Femtosekundenlasers im Rahmen einer Katarakt-Operation eine eigenständige neue Methode zur Beseitigung des Grauen Stars zum Einsatz kommt. Die Zielleistung „extrakapsuläre Operation des Grauen Stars mittels Linsenkernverflüssigung (Phakoemulsifikation)“ bleibt – unabhängig von der Ausführungsart – dieselbe.
  • Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist zwar nicht notwendiger Bestandteil dieser Operation (die auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann), aber eine besondere (unselbständige) Ausführungsart. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass diese Lasertechnologie bei der Bewertung der unter der GOÄ-Nr. 1375 erfassten Leistung durch den Verordnungsgeber noch nicht bekannt war und der Einsatz des Lasers in sachlicher, zeitlicher und räumlicher Hinsicht abgrenzbar ist.
  • Eine eigenständige medizinische Indikation für den Einsatz eines Femtosekundenlasers bei einer Katarakt-Operation ergibt sich auch nicht daraus, dass die Lasertechnologie eine präzisere Schnittführung ermöglicht und durch die Reduzierung der benötigten Ultraschallenergie gegenüber der Standard-Katarakt-Operation für die Gewebestrukturen, die sich im Nahbereich der getrübten Linse befinden, schonender sein soll, insbesondere auf Grund einer geringeren Belastung des Hornhautendothels. Nach der Rechtsprechung des BGH sind die angestrebte Schonung benachbarter Strukturen beim Erreichen des Operationsziels und die bloße Optimierung einer bereits in das Gebührenverzeichnis aufgenommenen Zielleistung nicht geeignet, eine selbständige ärztliche Leistung zu begründen, sofern die Beschreibung der Zielleistung das methodische Verfahren – wie im Fall der Operation des Grauen Stars „mittels Linsenkernverflüssigung“ nach GOÄ-Nr. 1375 GOÄ – nicht nach Techniken und Methoden (z.B. Ultraschall- bzw. Lasereinsatz) spezifiziert.
  • Anmerkung:

    Zur Aufgabe des medizinischen Sachverständigen bei gebührenrechtlichen Streitigkeiten

    Aufgabe des medizinischen (Gerichts-)Sachverständigen in einem solchen gebührenrechtlichen Streitfall ist es, die Leistungsinhalte der relevanten GOÄ-Nummern verständlich zu erläutern, um dem Gericht eine Entscheidung der rechtlichen Fragen zu ermöglichen. Ob bestimmte GOÄ-Nummern (etwa bei einer Operation) nach GOÄ § 6 Abs. 2 aber als selbständige ärztliche Leistungen analog berechenbar sind, ist jedoch eine vom Gericht zu klärende juristische Frage, deren Beantwortung nicht in die Kompetenz des medizinischen (!) Sachverständigen fällt.

    (Versicherungsrecht 73 (2022) 5: 301-305)

    G.-M. Ostendorf, Wiesbaden