Schätzungen zufolge sind bis zu 65 % der Krebs-Patienten von Fatigue betroffen, wobei bereits bei Diagnosestellung ca. 40 % eine Fatigue angeben und diese Zahl unter Chemotherapie und/oder Radiotherapie auf 80 % bis 90 % ansteigt. Auch unter antihormoneller und Immuntherapie wird in relevantem Ausmaß über eine Fatigue berichtet (bis 70 %).
Die eigentliche Ursache der CRF bleibt unklar. Vermutet werden Krebs-getriggerte Mediatoren, die zur Ausschüttung von Zytokinen und anderen pro-inflammatorischen Stoffen führen und möglicherweise dadurch den Beginn muskuloskeletalen Abbaus (welcher auch durch Immobilität geförderten wird) bedingen. Ebenso wird diskutiert, dass zudem zerebrale Prozesse zur veränderten Wahrnehmung von Müdigkeit eintreten.
In der aktuellen ESMO-Empfehlung (der European Society for Medical Oncology) wird ein routinemäßiges Fatigue-Screening bei allen Krebspatienten z. B. unter Zuhilfenahme des 10-Punkte „Numerical Rating Scale“ (NRS) oder anderer validierter Fragebögen gefordert. Alle Patienten, die positiv auf eine CRF identifiziert werden, sollten einer umfassenden und fokussierten Diagnostik unterzogen werden. Insbesondere sollten andere Faktoren, die zur Müdigkeit/Erschöpfung führen (z. B. Komorbidität, Anämie) ausgeschlossen werden.
Fabi A, Bhargava R, Fatigoni S et al. (2020). Cancer-related fatigue: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis and treatment. Ann Oncol, 31, 713-723
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden