Nach Daten der BARMER Krankenkasse hat fast die Hälfte aller Versicherten (46,2 Prozent) zumindest eine Diagnose mit direktem Schmerzbezug. Am häufigsten klagen die Betroffenen über Rückenschmerzen, Bauch- und Beckenschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Migräne. Dabei zeigt sich ein Anstieg mit zunehmendem Alter.
2009 wurde in Deutschland der ICD-Code [F45.41] „Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren“ eingeführt, um der biopsychosozialen Bedingtheit chronischen Schmerzes Rechnung zu tragen. Diese Diagnose ist nach den Daten der BARMER 2016 um das 2,8-Fache auf 1.089 Betroffene je 100.000 Versicherte angestiegen.
„Das persönliche Leiden bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen steigt vor allem mit zunehmendem Alter erheblich, häufig kommen psychische Beeinträchtigungen hinzu“, kommentierte Winfried Meißner, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
Psychosoziale und funktionelle Risikofaktoren für eine Chronifizierung (sog. „yellow flags“) werden jedoch häufig zu spät erkannt und im Verlauf noch immer zu wenig beachtet; ein einseitig somatisches Vorgehen resultiert in Überdiagnostik (insbesondere durch Bildgebung), medikamentöser Fehlversorgung (nicht indizierte Verordnung von Schmerzmitteln) und invasiven Therapiemaßnahmen. „Es gibt große Unterschiede zwischen der empfohlenen leitliniengerechten Behandlung und der tatsächlich angewendeten Therapie“, kritisierte Meißner.
In der Folge kommt es häufig zu einer ineffektiven Therapieeskalation bis hin zu Mehrfachoperationen und Frühverrentung. Diese Entwicklung ist mit großen Herausforderungen und explodierenden Kosten für das Gesundheitssystem verbunden.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden