Diese umschreibt ein klinisch komplexes Störungsbild, das nach langanhaltenden, meist interpersonellen traumatischen Erlebnissen auftreten kann. Die kPTBS ist damit eine „Geschwister-Diagnose“ der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), die erstmals im ICD-10 definiert und damals als Subkategorie den Angststörungen zugeordnet worden war. Im ICD-10 firmiert die kPTBS noch als eine Art Vorläuferdiagnose unter dem Begriff „Anhaltende Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung“, wobei der Schwerpunkt eher auf innerer Leere und Hoffnungslosigkeit liegt.
Im Gegensatz zu den meisten psychiatrisch-psychologischen Diagnosen des ICD-11 fordert die kPTBS – wie die Diagnose PTBS – neben klar definierter klinischer Symptomatik ein sog. Eingangskriterium, also ein traumatisches Erlebnis, dem eine zentrale Bedeutung in der Ätiopathogenese der Störung zugewiesen wird.
Dieses Trauma-Kriterium basiert auf einem traditionellen Trauma-Begriff, indem eine „Konfrontation mit einem Ereignis oder einer Folge von Ereignissen von außergewöhnlicher Bedrohung oder grauenhafter Natur“ (ICD-11) gefordert wird. Psychosoziale Vernachlässigung oder ähnliche chronische zwischenmenschlich traumatisch erlebte Verhaltensweisen zählen hier dezidiert nicht dazu.
Klinisch wichtiger als dieses sog. Trauma-Kriterium sind jedoch die Symptombilder, denn diese Muster psychischer Veränderungen bestimmen den Belastungsgrad der Patienten und ihren Behandlungsbedarf. Die ICD-11-Definition legt daher das Schwergewicht auf das Symptommuster; die Aussagen zum traumatischen Erlebnis sind knapper gefasst. Die ersten drei Symptomgruppen werden als PTBS-Kernsymptome bezeichnet, weil sie sich mit den Symptomen der „klassischen“ PTBS decken.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden