Die Verabreichung hoher kurativer Strahlendosen ist davon abhängig, betroffenes Normalgewebe vor den schädlichen Auswirkungen der ionisierenden Strahlung zu schützen. In den letzten zehn Jahren wurden wichtige Fortschritte in der bildgesteuerten Strahlentherapie erreicht, durch deren Präzision eine deutlich erhöhte Rate der geheilten und Rezidiv-freien Patienten erzielt werden konnte.
Ein Teil der Tumoren verbleibt allerdings resistent gegenüber einer konventionellen Strahlentherapie. Die Entwicklung neuer Ansätze zur weiteren Optimierung der Strahlentherapie ist daher erforderlich, und vielversprechende Optionen bieten gezielte Therapien und biomodulatorische Wirkstoffe an. Dagegen sind sehr hohe externe Dosisleistungen weniger erforscht.
Eine mögliche Option für eine weiterentwickelte Strahlentherapie bietet die so genannte FLASH-Strahlen- bzw. Radiotherapie (FLASH-RT), die eine ultraschnelle Abgabe von Strahlendosen mit Dosisleistungen beinhaltet, welche um mehrere Größenordnungen höher sind als die derzeit in der klinischen Routine verwendete Dosis. Die sehr kurze Expositionszeit führt zu der bemerkenswerten Beobachtung, dass die unterschiedlichen Normalgewebe wenig geschädigt werden im Vergleich zur konventionellen Strahlentherapie; ein Effekt, der auch dann beobachtet werden kann, wenn die FLASH-Radiotherapie in einer einzigen Fraktion verabreicht wird.
Ein weiterer klinischer Vorteil der FLASH-Radiotherapie ergibt sich aus der sehr kurzen Bestrahlungszeit, die Auswirkungen der Bewegung des Organs oder Tumors minimiert – vorausgesetzt, das Zielvolumen ist gut kontrolliert. Auf biologischer Ebene wurde die geringere Toxizität für das normale Gewebe als FLASH-Effekt bezeichnet. Über die biologischen Mechanismen, die dem FLASH-Effekt zugrunde liegen, wird momentan allerdings noch spekuliert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei kürzeren Behandlungszeiten und geringerer Toxizität die FLASH-Radiotherapie eines Tages das Potenzial haben könnte, einen Paradigmenwechsel auf dem Gebiet der Strahlentherapie zu bewirken, kommentierte Borgmann den aktuellen Kenntnisstand. Bis dies der Fall sei, müssten jedoch die verantwortlichen Mechanismen weiter aufgeklärt werden.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden