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Gefährliche neurologische Erkrankungen – Diagnostik und Therapie

13. Neurologie-Update-Seminar, 19./20.3.2021

Neue Erkenntnisse über gefährliche neurologische Erkrankungen, deren Diagnostik und Therapie sowie auch die Prognose waren wichtige – und auch unter gutachtlichen Aspekten durchaus relevante – Themen auf dem 13. Neurologie-Update-Seminar am 19. und 20. März 2021 (Livestream-Veranstaltung).

Hier eine kleine Auswahl:

Autoimmunenzephalitis als Herausforderung der neurologischen Intensivmedizin

Autoimmunenzephalitiden gehören inzwischen zu den häufigen Herausforderungen der neurologischen Intensivmedizin, berichtete Frank Erbguth von der Klinik für Neurologie am Klinikum Nürnberg. Dabei treten Bewusstseins- und Bewegungsstörungen sowie schwere Epilepsiesyndrome einschließlich Status epilepticus (NORSE = „New Onset Refractory Status epilepticus“) auf.

Mittlerweile wurden mehrere neue Antikörper gegen neuronale Epitope als Ursache solcher Autoimmunenzephalitiden gefunden. Als Therapie müssen immunsuppressive Strategien wie Kortikoide, intravenöse Immunglobuline, Plasmaseparation, Rituximab oder Cyclophosphamid zum Einsatz kommen.

Auch hat sich eine Verbindung zwischen der Herpesenzephalitis und der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis gezeigt. Etwa ein Viertel der Patienten mit Herpesenzephalitis entwickelt Antikörper gegen die NMDA-Rezeptoren, von denen die Hälfte klinisch erkranken kann.

Daher sollten Patienten mit einer lang anhaltenden, sich verschlechternden oder wiederauftretenden Symptomatik nach einer Herpes-simplex-Enzephalitis auf die entsprechenden Antikörper getestet werden. Dies hat klinische Konsequenzen, da in diesen Fällen eine Kortikoid-Behandlung oder sogar weitergehende Immunsuppression sinnvoll ist, erklärte Erbguth.

Notfallsituationen bei Parkinsonpatienten vermeiden

Notfallsituationen bei Parkinsonpatienten und deren Ursachen thematisierte Heinz Reichmann von der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden.

Medikamentenabhängig kann es nicht selten bei abruptem Absetzen oder Änderung einer medikamentösen Therapie zu psychischen Problemen wie Verwirrtheit, Halluzinationen, schweren Dyskinesien oder Akinese kommen. Unabhängig vom dopaminergen System sind Situationen wie Infektion, Trauma, Stress, Dehydratation oder sehr heißes Wetter ebenfalls geeignet, Parkinsonpatienten in schwere Komplikationen zu treiben.

Das Parkinson-Hyperpyrexie-Syndrom und das serotonerge Syndrom sind weitere Beispiele dafür, dass eine hohe medikamentöse Sorgfalt gewährleistet sein muss beim Umgang mit den Antiparkinson-Medikamenten und dass hier schwere Zwischenfälle durch falsches Agieren ausgelöst werden können. So zeigt eine aktuelle italienische Arbeit (Simonet, 2020), dass die meisten Notfälle durch Veränderungen der dopaminergen Therapie verursacht werden und eine Verstärkung der motorischen Symptome bedingen.

Aber auch nichtmotorische Komplikationen wie Psychosen, orthostatische Hypotension oder Schlafattacken können Parkinsonpatienten im hohen Maße gefährden. Im Zusammenhang mit Pumpen und tiefer Hirnstimulation kann es ebenfalls zu schweren Nebenwirkungen und Zwischenfällen kommen – insbesondere dann, wenn die Pumpen oder die Elektroden versagen.

Daher sollten Neurologen stets vermeiden, bei Parkinsonpatienten abrupt die Medikation zu ändern oder gar abzusetzen, forderte Reichmann. Man müsse die Patienten sowie auch deren Partner auf mögliche Warnzeichen hinweisen, um sie vor solchen gefährlichen Zwischenfällen zu schützen.

Dissoziative Anfälle mit schlechter Prognose

Dissoziative/psychogene Anfälle sind eine schwerwiegende Erkrankung, erklärte Hajo Hamer vom Epilepsiezentrum an der Neurologischen Universitätsklinik Erlangen: Letztendlich ist die Prognose schlechter als bei epileptischen Anfällen und die Mortalität ist ähnlich um das Zwei- bis Dreifache erhöht. Nach fünf bis zehn Jahren ist nur ein Drittel der Patienten mit dissoziativen Anfällen anfallsfrei, während Anfallsfreiheit bei epileptischen Anfällen in zwei Drittel der Fälle erreicht werden kann.

Psychiater weisen dabei immer darauf hin, dass psychogene/dissoziative Anfälle weniger eine eigenständige Erkrankung darstellen, sondern eher ein Symptom unterschiedlicher psychiatrischer Erkrankungen sind, wie z. B. einer Depression oder auch einer Borderline-Störung.

Patienten mit dissoziativen/psychogenen Anfällen profitieren von einer intensiven Psychotherapie, wenn auch noch immer nicht klar ist, welche Art von Psychotherapie am besten ist. Selbst wenn Anfallsfreiheit nicht umgehend erreicht werden kann, so steigt doch in der Regel die Lebensqualität, und krankheitsbedingte Einschränkungen – im Privaten wie im Beruflichen – werden verringert.

Daher ist es auch ein initiales Therapieziel, Patienten für die Psychotherapie zu motivieren und eine möglichst hohe Adhärenz zu erreichen, betonte Hamer abschließend.

Literatur

1 Simonet, C., Tolosa, E., Camara, A. et al. (2020). Emergencies and critical issues in Parkinson’s disease. Pract. Neurol, 20, 15-25.

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden