Humerushalsfrakturen sind als Begleitverletzung von Schulterluxationen im undislozierten Zustand im Nativröntgenbild in der Mehrzahl nicht erkennbar, erklärte Ralph Gaulke von der Unfallchirurgischen Klinik an der Medizinischen Hochschule Hannover, Sektion Obere Extremität, Fuß- und Rheumachirurgie, auf dem 14. Orthopädie-Unfallchirurgie-Update-Seminar am 24. und 25. Februar 2023 in Berlin.
Dies liegt daran, dass der Humeruskopf bei axillärer Luxation so rotiert ist, dass die Röntgenebene nicht in der Ebene der Fissur liegt. Dies kann dazu führen, dass nach der Reposition eine dann sichtbare Dislokation des Humerushalses (fälschlicherweise) als iatrogen eingestuft wird. Wollte man sich hierzu Sicherheit verschaffen, so wäre bei jedem luxierten Schultergelenk ein CT vor der geschlossenen Reposition durchzuführen. Dies ist jedoch logistisch in der Regel nicht zu gewährleisten, so Gaulke.
Auf jeden Fall ist es wichtig, das Repositionsverfahren im Operationsbericht zu beschreiben, um sekundär nachweisen zu können, dass die Fraktur nicht iatrogen durch übermäßige Gewaltanwendung und große Hebelkräfte verursacht wurde. Die geschlossene Reposition undislozierter Luxationsfrakturen des Humerushalses sollte unter Relaxation erfolgen, um die dislozierenden Kräfte so gering wie möglich zu halten.
Falls es unter dem Repositionsmanöver zur Dislokation der Fraktur kommt und die Reposition misslingt, so ist die offene Reposition indiziert. Eine Reposition bei dislozierten Humerushalsfrakturen sollte unterbleiben, da diese zur Plexus- bzw. Axillarisdehnungsschäden (Neurapraxie) mit schlechter Prognose führen können. Eine solche Fraktur stellt eine Notfallindikation zur operativen Reposition und Osteosynthese dar.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden