„Mit der heutigen Entscheidung setzen wir die Forderung des Bundesministers für Gesundheit nach Einschluss der Liposuktion um und schaffen eine Versorgungsmöglichkeit für Patientinnen mit Lipödem im Stadium III – notwendigerweise mit strengen Vorgaben zur Qualitätssicherung und zunächst befristet. Zugleich führen wir die Erprobungsstudie fort, die uns die zwingend nötigen Informationen für eine zuverlässige Abwägung von Nutzen und Schaden der Methode liefern soll, die wir für eine endgültige Beschlussfassung so dringend benötigen“, sagte Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung des G-BA.
Voraussetzungen
Das Lipödem ist eine krankhafte Fettvermehrungsstörung, die an Armen und Beinen auftreten kann und insbesondere im Stadium III zu starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führt. Die Krankheit tritt nahezu ausschließlich bei Frauen auf. Es gibt keine belastbaren Schätzungen, wie viele Frauen an einem Lipödem leiden. Für eine gesicherte Diagnose des Lipödems im Stadium III muss die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt folgende Symptome feststellen: Die Patientin leidet an einer übermäßigen Fettgewebsvermehrung mit überhängenden Gewebeanteilen von Haut und Unterhaut und einem Druck- oder Berührungsschmerz im Weichteilgewebe der betroffenen Extremitäten, wobei Hände und Füße nicht betroffen sind. Vor einer Operation des Lipödems im Stadium III muss über einen Zeitraum von sechs Monaten eine konservative Therapie (z. B. Lymphdrainage, Kompression, Bewegungstherapie) kontinuierlich durchgeführt worden sein. Wenn trotz der konservativen Therapie keine Linderung der Beschwerden eintritt, kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt die Durchführung einer Liposuktionsbehandlung verordnen.
Qualitätssicherung
Als Maßnahme zur Qualitätssicherung hat der G-BA unter anderem festgelegt, dass vor dem ersten Eingriff eine Operationsplanung erfolgen und dokumentiert werden muss. Darin werden die zu behandelnden Körperareale der Patientin und die voraussichtliche Anzahl der Eingriffe festgelegt, sowie die Menge an abzusaugendem Fettgewebe. Mehr als 3000 ml reinen Fettgewebes pro Eingriff dürfen nur dann abgesaugt werden, wenn die postoperative Nachbeobachtung über mindestens 12 Stunden sichergestellt ist. Berechtigt zur Indikationsstellung und Durchführung der Liposuktion zulasten der GKV sind Fachärztinnen und Fachärzte für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie sowie andere operativ tätige Fachärztinnen und Fachärzte, wenn sie die im Beschluss genannten Anforderungen erfüllen. Die Beschlüsse treten nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Von Seiten des G-BA sind damit alle nötigen Vorarbeiten abgeschlossen, damit die Leistung im Rahmen der GKV erbracht werden kann. Den Beschlüssen folgt nun die Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und für den ambulanten Bereich die Festlegung der Abrechnungsziffer der erbrachten Leistung im sogenannten Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Der G-BA geht derzeit davon aus, dass die Regelungen im Januar 2020 erstmals Anwendung finden können.
Erprobungsstudie
zu Vor- und Nachteilen einer Liposuktion läuft parallel weiter Der G-BA hatte im Januar 2018 wegen der schlechten Studienlage zu den Vor- und Nachteilen einer Liposuktion beim Lipödem eine eigene Erprobungsstudie beschlossen. Für Frauen, die an einem Lipödem im Stadium I, II oder III leiden und die an der Studie teilnehmen möchten, wurde von den gesetzlichen Krankenkassen eine Website eingerichtet, unter der nähere Informationen zur Studienteilnahme bereitgestellt werden. Interessenbekundungen für eine Studienteilnahme sind ab dem 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2019 möglich: www.erprobung-liposuktion.de
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für etwa 70 Millionen Versicherte. Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV übernommen werden. Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V). Entsprechend der Patientenbeteiligungsverordnung nehmen Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter an den Beratungen des G-BA mitberatend teil und haben ein Antragsrecht. Den gesundheitspolitischen Rahmen der medizinischen Versorgung in Deutschland gibt das Parlament durch Gesetze vor. Aufgabe des G-BA ist es, innerhalb dieses Rahmens einheitliche Vorgaben für die konkrete Umsetzung in der Praxis zu beschließen. Die von ihm beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle Akteure der GKV bindend. Bei seinen Entscheidungen berücksichtigt der G-BA den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen. Zudem hat der G-BA weitere wichtige Aufgaben im Bereich des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Versorgung.
Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)