Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2018/19 die ICD-11-Klassifikation zur Erfassung der Morbidität verabschiedet. Diese ist in Deutschland zwar noch nicht für die Abrechnung gültig, enthält aber hinsichtlich psychischer Störungen zahlreiche sinnvolle Neuerungen, die es allen Ärzten leichter machen werden, psychische Störungen zu klassifizieren, so Freitag.
Insbesondere hinsichtlich psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen gibt es die wichtige Neuerung, dass es kein eigenes „Kinderkapitel“ mehr gibt, das in ICD-10 noch enthalten war. Das Kapitel F9 der ICD-10 (Psychische Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend) implizierte, dass die in anderen Kapiteln des Buches F der ICD-10 gelisteten psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter nicht vorkommen, was selbstverständlich nicht der Fall ist.
In der ICD-11 sind deshalb die Kriterien für psychische Störungen in Kapitel 06 für alle Altersgruppen gleich definiert. Störungen, die für das Kindesalter in ICD-10 „spezifisch“ waren, dürfen nun auch bei Erwachsenen diagnostiziert werden, wie z. B. Angststörungen, selektiver Mutismus und Trennungsangst (ICD-11: 6B06 / 6B05). Wie schon implizit in der ICD-10 geregelt, können alle psychischen Störungen des Kapitels 06 der ICD-11 prinzipiell in jeder Altersgruppe diagnostiziert werden; allerdings liegt die höchste Inzidenz bestimmter Störungen in der (frühen) Kindheit, mancher im frühen oder späten Jugendalter und anderer erst im frühen oder späteren Erwachsenenalter.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden