Über die Prognose von Partialrupturen des vorderen Kreuzbandes berichtete Wolfgang Fischer von der Hessingpark-Clinic in Augsburg auf dem 2. Radiologie-Update-Seminar am 22. und 23. November 2024 in Berlin.
Die Häufigkeit von Partialrupturen des vorderen Kreuzbandes ist nicht genau bekannt; sie dürfte in der Größenordnung von 5 % bis 25 % liegen. Sie haben ein gutes Heilungspotential.
Rai et al. untersuchten nun in einer retrospektiven Studie von 351 konservativ behandelten Patienten mit Teilrupturen des vorderen Kreuzbandes die Risikofaktoren für eine Progression zu einer vollständigen Ruptur. Die Diagnose „Teilruptur“ wurde durch die klinische Untersuchung, eine apparative Stabilitätstestung und die MRT gestellt.
Innerhalb von durchschnittlich 17,5 Monaten kam es bei 166 Patienten (also fast 50 %!) zu einer Komplettruptur. Als Risikofaktoren fanden die Untersucher ein Alter unter 35 Jahren, eine frühe Rückkehr zu sportlichen Belastungen und die Ausübung von Kontaktsportarten mit Drehbewegungen.
Berücksichtigt man das im Grunde hohe Heilungspotential von Teilrupturen des vorderen Kreuzbandes, so zeigt die Untersuchung, dass die zu frühe Rückkehr zu Sport vermieden werden muss, kommentierte Fischer. Die Treffsicherheit der MRT für die exakte Diagnose einer Partialruptur des vorderen Kreuzbandes dürfte in der Größenordnung von 50 % liegen. Frage man nur nach dem Vorliegen einer Verletzung des vorderen Kreuzbandes, so liege die Treffsicherheit vermutlich über 90 %. Dies zeige, dass es unklare Befunde gebe, in denen Radiologen das Ausmaß der Verletzung nicht sicher beurteilen können.
Rai, S. K., Gupta, T. P., Singh, V. B., Kale, A., Vij, V., Shaki, O. (2023). Retrospective analysis and risk of progression of partial anterior cruciate ligament injuries in a young population. Arch Orthop Trauma Surg., 143, 2063-2071.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden