Von der Diagnose Demenz bis zum Tod vergehen nach internationalen Untersuchungen im Durchschnitt sieben bis achteinhalb Jahre, berichtet Lisa Küppers vom Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Düsseldorf. Dabei wird der Tod in der Regel nicht unmittelbar durch die Demenz ausgelöst, wie dies etwa bei einem Herzinfarkt der Fall sein kann. Einen solch linearen Sterbenstyp gibt es im Zusammenhang mit Demenz nicht. Die Betroffenen sterben meistens an Folgeerscheinungen.
Dazu gehören beispielsweise Lungenentzündungen, die durch verschluckte Speisereste ausgelöst werden. Solche Aspirationspneumonien werden häufig durch Begleiterkrankungen begünstigt, die laut Küppers bei vielen Demenzkranken vorliegen. Dies kann eine Parkinson-Erkrankung oder ein Schlaganfall sein. Man spricht daher von einem konvergierenden Sterbenstypus: Mehrere unterschiedliche Ursachen sind für den Tod verantwortlich. Eine Demenz kann zusammen mit einem Morbus Parkinson zu Schluckstörungen und infolgedessen zu einer todesursächlichen Lungenentzündung führen. Dann sollte in der Todesbescheinigung die Aspirationspneumonie als unmittelbare Todesursache eingetragen werden, während die Demenz unter den ursächlichen Grundleiden aufzuführen wäre, so Küppers.
Darüber hinaus kann eine Demenzerkrankung verschiedene Folgeerscheinungen haben, die den Tod beschleunigen. Dies kann eine Auszehrung (Kachexie) infolge einer verminderten Nahrungsaufnahme sein. Demenzkranke, die zu wenig Flüssigkeit zu sich nehmen, dehydrieren und entwickeln eine Exsikkose (Austrocknung). Wenn mehrere Folgekrankheiten der Demenz zum Tod führen, liegt ein sogenannter divergierender Sterbenstyp vor. In solchen Fällen rät Küppers, alle für den Todeseintritt ausschlaggebenden Krankheiten, angeordnet nach ihrer Relevanz, aufzuführen.
Ähnlich verhält es sich beim komplexen Sterbenstyp, bei dem Grunderkrankungen in verschiedenen Organsystemen zu Folgeschäden führen, die am Ende zum Tod führen. Neben einer Exsikkose infolge der Demenz könnten dies Herzschäden nach Infarkten sein oder auch ein Blutmangel aufgrund einer Krebserkrankung etwa der Harnblase.
„Das sachgerechte Ausfüllen der Todesbescheinigung ruft bei Ärztinnen und Ärzten immer wieder Unsicherheiten hervor. Insbesondere bei Todesfällen hochbetagter, mehrfacherkrankter Patienten mit demenziellen Vorerkrankungen. Es sollte jedoch vermieden werden, die Demenz im Sinne einer Verlegenheitsdiagnose ohne weitere Erläuterungen als unmittelbare Todesursache anzugeben“, so Küppers. Detaillierte Angaben seien insbesondere im Hinblick auf die Auswertung der Todesbescheinigungen wichtig, die Einfluss auf gesundheitspolitische Entscheidungen und damit auf die Verteilung von Ressourcen im Gesundheitswesen haben könnten.
L. Küppers et al.:
Verstorben an oder mit Demenz? Die Beziehung zwischen demenzieller Erkrankung und Todesursache
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2021; 146 (10); S. 677–682
Pressemitteilung Thieme