Anforderungen an Anamnese und Untersuchung bei psychiatrischen Gutachten für die (private) Berufsunfähigkeitsversicherung beschreibt der Gesellschaftsarzt Stefan Burghard des Rückversicherers Gen Re, Köln, in der Internetpublikation GEN RE VIEWPOINT (Mai 2018).
Er betont, dass die Versicherungsbedingungen den ärztlichen Nachweis der zur Berufsunfähigkeit führenden Erkrankungen verlangen. Ein ausschließlich psychologisches Gutachten reicht daher nicht aus, jedoch können psychologische Zusatzgutachten dem ärztlichen Hauptgutachter wertvolle Informationen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten liefern.
Besonders relevant für die Begutachtung ist die berufliche Anamnese, die den ausgeübten Beruf in möglichst konkreter Ausgestaltung umfasst. Daraus folgen die der Beurteilung zugrunde zu legenden Belastungen bzw. Beanspruchungen. Die spezielle Anamnese beinhaltet die geklagten Beschwerden im Zusammenhang mit der Berufsausübung.
Dieser Teil des Gutachtens ist von höchster Wichtigkeit für dessen Verwertbarkeit, da sich von den konkreten beruflichen Tätigkeiten bis zur Reduktion der Berufsfähigkeit eine plausible, möglichst dichte Zusammenhangskette spannen muss, so Burghard.
Bei der psychischen Untersuchung ist darauf zu achten, dass die psychischen bzw. psychosomatischen Störungen vom Gutachter mit eindeutigen, im Verlauf des Gutachtens konsequent durchgehaltenen Bezeichnungen versehen werden.
So sind Konzentrationsschwierigkeiten in zahlreichen Berufen sehr problematisch; sie können im Rahmen der Begutachtung allerdings relativ leicht simuliert werden. Daher ist es wichtig, im Gutachten Konzentrationsschwierigkeiten zu dokumentieren und mögliche Ursachen zu analysieren. Ähnliches gilt für Ermüdbarkeit und Gedächtnisstörungen.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden