Am 09.05.2015 fand die diesjährige gut besuchte Frühjahrstagung der Fachgesellschaft Interdisziplinäre Medizinische Begutachtung (FGIMB) an gewohnter Stelle in Kassel in den Räumen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau statt.
Nach Eröffnung der Tagung am 09.05.2015 und Begrüßung der Mitglieder durch die Vorsitzende, Frau C. Rohden (Köln), referierte Frau R. Fuhrmann (Bad Neustadt a. d. Saale) über die differenzierte Begutachtung des Fußes. Neben einer ausführlichen Darstellung der klinischen Untersuchung, wurden verschiedene spezifische Röntgenprojektionen für den Fuß dargestellt. Ausführlich wurde durch die Referentin auf gutachterliche Fragestellungen mit entsprechenden Fallbeispielen eingegangen, wobei es sehr gut gelang, unfallunabhängige von unfallbedingten Fußschäden nachvollziehbar zu differenzieren.
In einem weiteren Vortrag befasste sich Frau C. Rohden (Köln) mit der Problematik Osteochondrosis dissecans – Abgrenzung zwischen unfallbedingter und schicksalhafter Genese. Es wurde dargestellt, dass in der Röntgendiagnostik eine exakte a.p.-Aufnahme in 20° Innenrotation und gegebenenfalls eine weitere a.p.-Aufnahme in Plantarflexion, neben computertomographischer und kernspintomographischer Diagnostik, von wesentlicher Aussagekraft sind. Verschiedene kernspintomographische Stadien der Erkrankung wurden dargestellt und die unterschiedlichen Erscheinungsformen einer Fraktur gegenüber der Osteochondrosis dissecans in der Bildgebung zusammenfassend aufgezeigt. Auf die Zirkulationsstörungen der Durchblutung im Hinblick auf die Pathogenese der Osteochondrosis dis-secans wurde hingewiesen. Die Genese der Erkrankung sei noch nicht vollumfäng-lich aufgeklärt, häufig multifaktoriell.
G.-P. Brüggemann (Köln) referierte in seinem Vortrag über das dynamische Verhalten von peripheren Sehnen. Neben der Darstellung spezifischer Eigenschaften sehnigen Gewebes wurde vor allen Dingen auch auf die Problematik „Störfaktor“ im Rahmen einer intensiven Diskussion eingegangen. Die bisherige Auffassung der „Arbeitsgruppe des Sehnen“ der Fachgesellschaft Interdisziplinäre Medizinische Begutachtung, dass durch einen Störfaktor beim Kippen des Fußes die Achillessehne zuerst in ihrem medialen Anteil und dann insgesamt rupturieren kann, konnte bestätigt werden.
R. Cyffka (Döbeln) erinnerte an ein „vergessenes Gelenk“, das Schultereckgelenk. Im Vortrag wurde darauf eingegangen, dass die Klassifikation der Luxationen am Schultereckgelenk nach Rockwood genauer ist als diejenige nach Tossy. Der Referent stellte anhand von Literatur und klinischen Beispielen dar, dass die Gesamtbeweglichkeit des Schultergelenkes erheblich von der Funktion des Schultereckgelenkes abhängen würde, was in der Begutachtung zu beachten sei. Schulterschmerzen seien ursächlich zu unterscheiden in glenohumerale, akromioclaviculare, subacromiale und scapulothorakale Schmerzen.
F. Schröter (Kassel) referierte zum Thema HWS-Distorsion. Er wies darauf hin, dass es keine generellen neuen gutachterlichen Aspekte diesbezüglich gibt. Der Verdacht auf eine HWS-Distorsion sei für den Therapeuten eine hinreichende Behandlungsbegründung, für den Gutachter jedoch nicht existent. Das Dilemma bestünde darin, dass sämtliche Befunde unspezifisch seien und es keine körperliche Untersuchung gäbe, die die Diagnose beweisen kann. Auf die Bedeutung der rechtzeitigen hochauflösenden bildgebenden Diagnostik via MRT wurde hingewiesen. Damit können vor allen Dingen mikrostrukturelle Verletzungen nachgewiesen werden. Die Einteilungen der Verletzungsschwere nach der Quebec- Klassifikation und der eigenen Klassifikation des Autors wurden gegenübergestellt, wobei die Klassifikation nach Schröter befundorientiert ist und somit eine genauere Differenzierung zulässt.
In der abschließenden Mitgliederversammlung wurden für die Fachgesellschaft Interdisziplinäre Medizinische Begutachtung relevante perspektivische Themen beraten und beschlossen und der Entwurf einer neuen Internetpräsentation von Th. Müller (Döbeln) vorgestellt.
Die diesjährige Herbsttagung der Fachgesellschaft findet am 07. 11. 2015 an gewohnter Stelle in Kassel statt und wird sich der Problematik von Weichteilschäden aus interdisziplinärer Sicht (chirurgisch, orthopädisch, dermatologisch, psychiatrisch, internistisch) widmen. Außerdem wird es einen Beitrag zur rechtfertigenden Indikation bezüglich der Mammareduktionsplastik, einem viel umstrittenen Thema, geben. Der Termin für die Frühjahrstagung 2016 wurde auf den 07. Mai festgelegt.
Th. Müller, Döbeln