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Klinische Neurophysiologie

Die Anerkennung von Nervenschäden als Unfall- bzw. Schädigungsfolge ist ohne den Vollbeweis des Schadens nicht möglich. Dem Gutachter stehen zu diesem Nachweis neben der Anamnese und der klinisch-neurologischen Untersuchung die Methoden der klinischen Neurophysiologie zur Verfügung, deren Möglichkeiten des Einsatzes, der hiermit zu treffenden Aussagen und auch ihre Grenzen dem Gutachter vertraut sein muss.

Eine kurze Übersicht hierüber gibt Zipper in der Zeitschrift „Versicherungsmedizin“. Für die Überprüfung des motorischen Systems stehen einmal die magneto-elektrisch evozierten Potentiale (für das obere Motoneuron), ferner (für das untere Motoneuron) die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und das Elektromyogramm zu Verfügung. Letztere Ableitungen verbieten sich allerdings, da hierfür eine Elektrode in den Muskel eingestochen werden muss, bei Blutungsneigung des Untersuchten, erstere nach Hirnoperationen mit verbliebenen Metallclips und bei Trägern von Elektroimplantaten. Für den Gutachter bieten die magnetisch evozierten Potentiale den Nachweis einer intakten motorischen Leitung etwa bei psychogenen Lähmungen oder auch bei Simulation. Die Nervenleitgeschwindigkeit gibt über die Reizantwort und ihre Geschwindigkeit Auskunft über Kompressionen peripherer Nerven und Schäden an ihren Myelinscheiden, die Elektromyographie lässt Rückschlüsse auf eine direkte Muskelschädigung oder einen Schaden am Axon des Nerven selbst zu.

Auch für das sensible System stehen evozierte Potentiale zur Überprüfung zur Verfügung. Normale somatosensible evozierte Potentiale schließen einen funktionell bedeutsamen Schaden an Hirn und Rückenmark aus und sind daher für Begutachtungen gut geeignet, weiter kann der Nachweis peripherer Nervenverletzungen auch mit der Überprüfung der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit erfolgen. Visuell-evozierte Potentiale überprüfen die Reizverarbeitung im visuellen System, akustisch-evozierte Potentiale die Reizverarbeitung im akustischen System, wobei der Autor den Wert für den neurologischen Gutachter in letzterer Methode eher als gering ansieht.

Der Wert des Elektroenzephalogramms ist seit Einführung bildgebender Verfahren deutlich zurückgegangen. Ihre heutigen Einsatzgebiete bei der Begutachtung sind der Nachweis einer erhöhten zerebralen Krampfbereitschaft oder einer herdförmigen Hirnfunktionsstörung. Unspezifische Veränderungen sind häufig anzutreffen, und bedürfen deshalb einer genauen Diskussion unter Berücksichtigung aller weiter erhobenen Befunde. Dabei spricht ein unmittelbar nach einem Unfallereignis normales EEG dann eher gegen einen substanziellen Hirnschaden.

(Zipper St: Möglichkeiten und Grenzen der klinischen Neurophysiologie zur Objektivierung neurologischer Unfallfolgen. Versicherungsmedizin 66 (2014), 3: 132)

E. Losch, Frankfurt/M