Das Heidelberger Gespräch vom Oktober 2014 hat sich in einem Themenblock mit den Auswirkungen des Gendiagnostikgesetzes auf die medizinische Begutachtung beschäftigt. Das Gendiagnostikgesetz vom 31. Juli 2007 versucht, die Gratwanderung zwischen den sich rasch entwickelnden positiven Möglichkeiten, die sich aus der Genforschung für den Einzelnen und seine Gesundheit ergeben, und den Gefahren, die für ihn unvermeidbar gleichzeitig aus diesem Wissen erwachsen, in einen Ausgleich zu bringen. Dies ist zusammenfassend in § 1 des Gesetzestextes wie folgt ausgeführt: „Zweck dieses Gesetzes ist es, die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen und im Rahmen genetischer Untersuchungen durchgeführte genetische Analysen sowie die Verwendung genetischer Proben und Daten zu bestimmen und eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern, um insbesondere die staatliche Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren“.
Die rasante Erweiterung des Wissen und der daraus erwachsenden Möglichkeiten auf dem Gebiet der Genforschung (und auch die fließende gesellschaftliche Einstellung zu den sich hieraus ergebenden Konsequenzen) lassen nun aber trotz dieser gesetzlichen Regelung schnell neue Fragen aufkommen, weswegen der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme vom „Die Zukunft der genetischen Diagnostik- von der Forschung in die klinische Anwendung“ 30. April 2013 Änderungswünsche an den Gesetzgeber formuliert hat und auch eine breitere gesellschaftliche Debatte hierzu gefordert hat. Von juristischer Seite her führt der erste Beitrag in diesem Heft von Schomberg in die aktuelle Diskussion ein. Der nachfolgende Beitrag von Ostendorf beschreibt für die Privatversicherungen die sich heute für diese ergebende praktische Bedeutung der Gendiagnostik und die Umsetzung ihrer im Gesetz gezogenen Grenzen.
Die ersten zwei Beiträge der nachfolgenden Einzelbeiträge beschäftigen sich mit Fragen der orthopädischen Begutachtung. Hempfling und Krenn sehen nach ihren Ausführungen den Gebrauch des Begriffes „Degeneration“ bei der histopathologischen Beurteilung von Veränderungen des bradytrophen Bindegewebes nicht mehr als zeitgemäß. Abgelöst werden soll dieser durch den Begriff der Texturstörung, deren Kriterien auch für den Gutachter eine praktische Verwendbarkeit beinhalten. Der Beitrag von Carstens und Schröter geht auf orthopädische Aspekte ein, die die Indikation zu einer Reduktionsplastik bei Mammahypertrophie stellen lassen. Die Indikationskriterien werden von den Leistungsträgern aktuell noch nicht als unstrittig angesehen.
Der diese Ausgabe abschließende Beitrag von Braun und Zihl befasst sich vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung zu diesem Thema mit den Problemen bei der Feststellung von Blindheit bei zerebralen Funktionsstörungen, wenn also bei der Blindheitsbegutachtung eine Abgrenzung von visuellem Erkennen und Benennen erforderlich wird.
Hingewiesen sei noch auf die von Triebig vorgelegte Kasuistik. Sie beschreibt die Qualitätsprobleme bei der Begutachtung, die aus fehlender Qualifikation des Gutachters und mangelnder Kontrolle durch den Auftraggeber entstehen. Bei Beachtung der Ausführungen in der Leitlinie „Allgemeine Grundlagen der medizinischen Begutachtung“ der AWMF dürften solche Fälle eigentlich nicht mehr vorkommen.
Weiter noch der Hinweis auf das Programm des kommenden Heidelberger Gesprächs am 30. September und 1. Oktober 2015 auf Seite 60 des Hefts. Der Programmbeirat hofft, auch in diesem Jahr die Interessen der Leserschaft anzusprechen. Beim letzten Heidelberger Gespräch auf den ausliegenden Evaluationsbögen geäußerte Themenwünsche der Teilnehmer haben soweit möglich wieder Beachtung gefunden.
Für die Website des MedSach wird es demnächst einen neuen Auftritt geben. Dieser Relaunch umfasst ein sogenanntes Reponsive Web Design, also die optimierte Ausgabe aller Inhalte auf den heute anzutreffenden Bildschirmformaten (Desktop, Tablet und Smartphone), weiter eine zentrale Hauptnavigation zur Vereinfachung des Suchens in den verschiedenen Inhalten. Kaufartikel (Originalia, Rechtsprechung, Tafeln) sind wie bisher erhältlich, das Archiv zu den Originalia enthält mittlerweile etwa 350 Beiträge zu aktuellen Gutachtenfragen. Neu hinzukommen wird die Verfügbarkeit des Editorials des aktuellen Heftes, gleichfalls der aktuellen Rubrik „Berichte und Informationen“ sowie der Buchbesprechungen.
E. Losch, Frankfurt/Main