Der forensisch-psychiatrische Sachverständige ist in seinem Arbeitsalltag in der Hauptsache mit Gutachten zur Schuldfähigkeit und zur Prognose befasst. Durch die Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten wurden 2005 erstmals Standards für die Qualität der Gutachten erstellt. Christian Prüter-Schwarte und Kollegen haben in einem ersten Schritt den Katalog der Mindestanforderungen operationalisiert und einen Auswertungsbogen mit 80 Variablen entwickelt. Auf dieser Basis wurden 199 Gutachten durch zwei unabhängige Sachverständige überprüft. Dabei zeigten sich auffallende Unterschiede zwischen den Gutachten, wobei sich die Qualitätsunterschiede auf wesentliche inhaltliche Qualitätsmerkmale wie z.B. Zuordnung zu den Eingangsmerkmalen konzentrierten.
Über einen weiteren spannenden Aufgabenbereich des forensisch-psychiatrischen Sachverständigen berichtet Tilman Wetterling, indem er die Beurteilung der Testierfähigkeit beschreibt, die fast ausschließlich posthum angefordert wird. Ein wesentlicher Punkt ist dabei die Frage, ob und inwieweit der zu Begutachtende zu dem Zeitpunkt der Abfassung seines Testaments noch in der Lage war, eine Entscheidung bezüglich seines Erbes auf der Basis seines aktuellen Informationsstandes zu fällen und dabei die Tragweite seiner Entscheidung für die Erben bzw. Nicht-Erben ermessen konnte.
Der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) ist in der deutschen Strafrechtspraxis gesetzlich geregelt, so dass jährlich mehrere tausend Verfahren mediiert werden. Empirisch konnten sowohl für Täter als auch für Opfer positive Effekte gefunden werden. Insbesondere fand Andrea Bernd heraus, dass Opfer von Straftaten, die freiwillig an einem TOA teilnahmen – im Vergleich zu Opfern, die nur Verhandlungen beiwohnten –, in Lebensbereichen wie des emotionalen Erlebens deutlich zufriedener waren. Diese Ergebnisse sind richtungweisend und haben Einfluss auf prognostische Entscheidungen des klinisch tätigen Forensikers.
Außerhalb dieses Schwerpunktes zu forensisch-psychiatrischen Themen beschäftigt sich der erste Beitrag dieser Ausgabe mit einer offensichtlich unter den zahnärztlichen Sachverständigen kontrovers diskutierten Frage zur Dringlichkeit eines notwendigen Zahnersatzes.
M. Dudeck, Günzburg