Zu Fragen einer Kausalität, die in der Arbeit von medizinischen Sachverständigen an vielen Stellen zu beantworten sind und eine der anspruchsvollsten Aufgaben in dieser Tätigkeit darstellten, hatte sich bereits in einer Entscheidung im Jahre 1898 das damalige Reichsgericht wie folgt geäußert: „Nicht alle zum Erfolge zusammenwirkenden Bedingungen seien als dessen Ursache zu bezeichnen. Man würde sich andernfalls mit der Auffassung des praktischen Lebens und dem Rechtsbegriffe der Kausalität in Widerspruch setzen. Das Geschehnis, das den Abschluss einer Kette verschiedener Einzelerscheinungen bilde, stehe vielfach mit der Anzahl seiner Bedingungsfaktoren in so loser und entfernter Verbindung, daß von einem eigentlichen kausalen Zusammenhang nicht mehr die Rede sein könne“. Weiter hat das Reichsgericht für den rechtlichen Zusammenhang gefordert, dass „die eingetretene Folge dürfe nicht in einem so entfernten Zusammenhang mit dem als Ursache in Anspruch genommenen Ereignisse stehen, daß es nach der Auffassung des praktischen Lebens vernünftigerweise nicht mehr in Betracht gezogen werden könne“ (Zitat aus Becker, Lehrbuch der ärztlichen Sachverständigen-Tätigkeit, Berlin 1914). Die Rechtsprechung hat hierzu manche Weiterentwicklung erarbeitet, die Grundlagen zu dieser Frage und den Umgang einschließlich der Vermeidung von Fehlern werden in dieser Ausgabe ausführlich im Beitrag von Stevens erörtert. Gutachten, die sich dieser Aufgabe nicht stellen, sind nach den Ausführungen des Autors keine Gutachten, sondern nur „Belletristik“.
Die MdE-Tabellen der gesetzlichen Unfallversicherung im Bereich der Gliedmaßenschäden haben seit ihrer ersten Veröffentlichung 1884 kaum eine Änderung erfahren. Die Veränderung der Arbeitswelt und die verbesserten Möglichkeiten der Behandlung und prothetischen Versorgung von Verletzungen der Gliedmaßen haben den Ruf nach einer Überarbeitung der MdE-Werte laut werden lassen. Zur Diskussion gestellt werden hierzu im Beitrag von Dresing, Eyfferth, Gaidzik, Grotz, Lundin, Schiltenwolf, Thomann und Zeichen die Vorschläge der Sektion Begutachtung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie zu derartigen neuen MdE-Referenzwerten für die Einschätzung muskuloskelettaler Verletzungsfolgen im SGB VII.
Die Mehrzahl der Menschen erleidet während ihres Lebens irgendwann einmal ein Trauma, das aber nicht zwangsläufig zum Krankheitsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung führen muss, die Häufigkeit des Auftretens wird in der Literatur mit 2 bis 7 % angegeben. Die Häufigkeit aber der Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ hat zu Vermutungen Anlass gegeben, dass hiermit ein unscharfer Sammelbegriff für psychische Belastungen entstanden sein könnte. Zu dieser Problematik finden sich in dieser Ausgabe „Aus der Praxis für die Praxis“ Ausführungen von Spieß-Kiefer, Kiefer und Berbig zu den Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsreaktion und den häufig falsch positiven Diagnosen resultierend aus einer nicht korrekten Anwendung der in den maßgeblichen Manualen angegebenen Kriterien.
E. Losch, Frankfurt am Main