Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Antwort der Verfasser:

Zunächst möchten wir uns für das Interesse an unserem Artikel und dem Thema bedanken und den zeitnah erstellten Leserbrief dazu nutzen, die Diskussionsposition hier noch einmal zu erläutern.

Transparenz ist das Zauberwort des Lesers, mit dem hier Zukunftszuschläge bei Arthrose und nach der Implantation von Gelenkprothesen das Wort geredet wird. Gefordert wird vom Gutachter jedoch weder, eine Glaskugel als Bestandteil seiner Praxisausstattung vorzuhalten, noch blind Zuschläge im Rahmen seiner Begutachtung zu verteilen.

Die Verfasser des Artikels beabsichtigen mit ihrer Diskussionsgrundlage, die Zuschläge und insbesondere deren generelle Verwendung jeweils im Einzelfall gründlich auf den Prüfstand zu
stellen.

Es ist einfach nicht zu rechtfertigen, dass pauschal aufgrund des Lebensalters Prothesenzuschläge vergeben werden. Diese müssten sich grundsätzlich nach der jeweils implantierten Prothese richten, denn zwischen Sprunggelenk-, Ellbogen-, Schulter-, Knie- und Hüft­endoprothesen unterscheiden sich die Standzeiten und Revisionsraten und die funktionellen Ergebnisse nach den Revisionen ganz erheblich und können nicht über einen Pauschalzuschlag sachgerecht bewertet werden, wie das bisher vorgeschlagen wurde.

Die Kritiker unseres Diskussionsvorschlages mögen bitte erklären, wie sie es rechtfertigen wollen, dass bei einer nachgewiesenen Revisionsrate von unter 5 % bei Hüftendoprothesen nach 10 Jahren [1] für alle Versicherten mit einer Hüftendoprothese ein Zuschlag zu gewähren ist?

Das schwedische Endoprothesenregister von 2017 [2] weist eine 20 Jahres-Überlebensrate für Hüftendoprothesen von 85 % aus. Auch hier stellt sich die Frage: Wenn nach 20 Jahren nur 15 % der einliegenden Hüftendoprothesen revidiert wurden oder nicht mehr funktionstüchtig sind, warum dann bei 100 % ein Prothesenzuschlag zu gewähren ist?

Auch bzgl. der Einlassungen zu möglichen Folgen einer Arthrose oder aber auch posttraumatischen Achsfehlstellungen darf der Leser noch einmal auf die dem Handeln eines ärztlichen Sachverständigen zu Grunde zu legenden Vertragsbedingungen hingewiesen werden, wo es heißt, dass der spätestens am Ende des dritten Unfalljahres erkennbare Gesundheitszustand Maßstab für die Invaliditätsbemessung ist. Eine Änderung des Gesundheitszustandes über diese Frist hinaus muss derart hoch wahrscheinlich sein, dass „sie Zweifeln Schweigen gebietet ohne sie völlig auszuschließen“. Die vom Leser angesprochenen Möglichkeiten erfüllen diese Bedingungen mitnichten.

Tabellenwerte und Pauschalzuschläge erleichtern sicher das Leben des Gutachters, sie beinhalten auch als wesentlichen Aspekt die Transparenz gegenüber allen Beteiligten, dennoch entbinden sie den Gutachter nicht von seiner ureigenen Aufgabe, die Invalidität anhand der zum Zeitpunkt der Begutachtung festgestellten Funktionseinschränkungen und pathologischen Veränderungen auch für den medizinischen Laien nachvollziehbar in die Zukunft hinein zu projizieren. Nur wenn dieser Prozess für alle Beteiligten anschaulich gemacht wird, kann auch die Verwendung von Zuschlägen als ein weiteres transparentes Hilfsmittel sinnvoll sein.

Zu den Verirrungen des Lesers in Bezug auf unsere angebliche Nähe zur Versicherungswirtschaft und eine damit verbundene Diskreditierung der FGIMB möchten wir uns nur insofern äußern, dass wenn wir nicht einmal mehr in einem wissenschaftlichen Fachmagazin über derartige Themen Diskussionsbeiträge liefern können, wir es aufgeben sollten, in derartigen Zeitschriften zu publizieren.

Literatur

1 Setting benchmark revision rates for total hip replacement: analysis of registry evidence, Clarke A, et al, BMJ 2015;350:h756 doi: 10.1136/bmj.h756 (Published 9 March 2015)

2 https://www.researchgate.net/publication/332607257_Swedish_Hip_Arthropl…

Anschrift für die Verfasser

Dr. med. H.-T. Klemm
Ärztlicher Leiter Freies Institut für medizinische Begutachtungen
Bayreuth/Erlangen
Ludwigstrasse 25
95444 Bayreuth

Tags