Zunächst einmal danke ich Herrn Prof. Hosemann für seinen Lesebrief, da er damit auf sachliche Weise eine wichtige Diskussion anregt zur Frage des Verhältnisses zwischen Richter und Gerichtssachverständigen gerade im Arzthaftpflichtprozess, nämlich der Problematik des Gutachters als „Richter in Weiß“.
Zu diesem Thema hatte die Fachanwältin Irem Scholz bereits 2016 in der Zeitschrift „Versicherungsrecht“ (67; S. 625) ausgeführt, dass nach vorliegenden Untersuchungen sich der Richter in 90 % bis 97 % der Fälle dem Standpunkt des Gerichtssachverständigen angeschlossen habe; dieser habe somit die Macht, über den Ausgang des Verfahrens zu bestimmen. Das Gericht stehe im Spannungsfeld zwischen der nahezu regelmäßig fehlenden medizinischen Sachkunde und der daraus erwachsenden Notwendigkeit, sich sachverständiger Hilfe zu bedienen, sowie der Aufgabe, die sachverständige Begutachtung (trotz fehlender Sachkunde) kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen. „Gern verstecken sich Richter hinter Gutachtern“, zitierte Scholz einen Richter, der namentlich nicht genannt werden wollte.
Zur Frage, wer darüber zu entscheiden hat, ob ein Behandlungsfehler als „grob“ zu bewerten ist, hat nun aber der Bundesgerichtshof seit vielen Jahren mehrfach eindeutig Stellung genommen, so mit Urteil vom 25.10.2011 (AZ: VI ZR 139/10): Darin erklärt der BGH, dass ein Behandlungsfehler nur dann als grob zu bewerten ist, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.
Weiter betont der BGH, dass die B ...
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