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Leserzuschrift zum Artikel von Cyffka, R., Müller, Th. und Röhnert, W.: Ermüdungsfrakturen als ­Wie-BK? MedSach (2021) 117 (2) 56-61.

Anders als die Autoren dies darstellen, können Stressfrakturen sehr wohl die medizinischen Kriterien einer „Wie-BK“ erfüllen. Schließlich entspricht sogar eine der „Listenkrankheiten“ einem Ermüdungsbruch. Die sogenannte „Schipperkrankheit“ (BK 2107) umfasst Stressfrakturen der Dornfortsätze des Rumpfes bei Schaufelarbeitern. Das Merkblatt zu dieser Berufskrankheit spricht denn auch ausdrücklich von einem „Ermüdungsschaden“.

Maßgebend für eine Anerkennung als „Wie-BK“ ist im Wesentlichen – was dieser Artikel allerdings nicht erkennen lässt – dass sich der Ärztliche Sachverständigenbeirat des Bundesarbeitsministeriums bislang noch nicht abschließend mit dem entsprechenden Sachverhalt befasst und diesbezüglich den Tatbestand einer „echten“ Berufskrankheit definitiv verworfen hat. Nichts anderes ergibt sich aus § 9 Abs. 2 SGB VII.

Es ist bedauerlich, dass eben jene beiden, von den Autoren dokumentierten Fälle, in denen der Zusammenhang einer knöchernen Stressreaktion mit der beruflichen Exposition zumindest grundsätzlich zu diskutieren wäre, von ihnen nicht unter Bezug auf die epidemiologische Literatur vertieft werden. In diesem Zusammenhang wäre dann auch das „Verdoppelungsrisiko“ zu betrachten: Wenn eine Gesundheitsstörung in einer exponierten Gruppe doppelt so häufig auftritt, wie bei nicht exponierten Personen, so ist ein Zusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung und der Exposition überwiegend wahrscheinlich. Eine einschlägige Literaturrecherche oder eine sonstige nachvollziehbare Erläuterung, weshalb dies auf die beiden genannten Fälle dennoch nicht zutreffen soll, vermisst der geneigte Leser. Stattdessen wird lediglich auf eine mehr als 20 Jahre alte Äußerung von Ludolph abgestellt, deren Authentizität durchaus zu bezweifeln ist, und lapidar behauptet, ein derartiges Verdoppelungsrisiko gebe es bei Ermüdungsbrüchen nicht. Im Übrigen berichten die Autoren lediglich Einzelfälle von Stressfrakturen bei Freizeitsportlern – die selbstverständlich bereits aus naheliegenden Gründen keinesfalls eine „Wie-BK“ darstellen können.

Das von ihnen gezogene Fazit, dass „Ermüdungsfrakturen … bei den bekannten Risikogruppen von den Unfallversicherungsträgern“ ganz grundsätzlich „nicht als Wie-BK zu prüfen“ seien, ist schlichtweg falsch. Es ist nicht recht verständlich, wie dies einem peer review entgehen konnte.

Anschrift des Verfassers

Dr. Jürgen Hettfleisch
Darmstädter Str. 29
64331 Weiterstadt

Antwort für die Verfasser:

Für das Interesse an unserer Veröffentlichung und an dem Thema bedanken wir uns.

Der Hinweis, dass Abrissbrüche der Wirbelfortsätze seit 1964 als BK Nr. 2107 der BKVO als Berufskrankheit anerkennungsfähig sind, ist sachdienlich, war aber nicht Inhalt der Veröffentlichung. Die Bedeutung der BK Nr. 2107 der BKVO ist unter den konkreten Bedingungen der Arbeitswelt immer geringer geworden und spielt in der täglichen Begutachtung von Berufskrankheiten praktisch keine Rolle mehr. Ziel der Arbeit war es darzustellen, ob unter den konkreten beruflichen Belastungen, Ermüdungsfrakturen bei den aktuell häufigsten Lokalisationen und dem jetzigen Erkenntnisstand als Wie-BK’en zu prüfen
sind.

Der Nachweis, dass Ermüdungsfrakturen sich für die exponierten Gruppen, welche nach der Literatur besonders häufig Ermüdungsfrakturen erleiden, ein sogenanntes Verdopplungsrisiko realisiert, ist aktuell noch nicht zu führen. Daraus folgt die Empfehlung der Autoren, dass Ermüdungsfrakturen bei den bekannten Risikogruppen von den Unfallversicherungsträgern derzeit nicht als Wie-BK zu prüfen sind.

Die Veröffentlichung war lediglich als Impulsartikel konzipiert. Die Reaktion des Lesers bestätigt die Zielsetzung der Arbeit, weiterer sachlicher Diskussionen zum Thema sehen wir mit Interesse entgegen. Die Kernaussage der Autoren beruht auf dem jetzigen Erkenntnisstand, was in dem Artikel auch so dargestellt wurde.

Die wissenschaftliche Vertiefung des Themas auf einer der nächsten Veranstaltungen der FGIMB e. V. wird von hier aus angeregt, um in einem sachlichen, wissenschaftlichen Diskurs zu weiteren Erkenntnissen beitragen zu können.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Roland Cyffka
Medizinisches Gutachteninstitut
Bahnhofstraße 32
04720 Döbeln

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