Zusammenfassung
Gegenstand des Artikels ist die Pflegebegutachtung durch die Medizinischen Dienste. Die gesundheits- und pflegewissenschaftliche Forschung untersucht sie bislang vor allem als mehr oder weniger valides, reliables oder praktikables Messinstrument. Sie bleibt damit relativ dicht an der Perspektive der Begutachtenden. Der Aufsatz bietet dagegen eine soziologisch distanziertere Beschreibung an und fächert dazu die Perspektiven von weiteren beteiligten Akteuren auf. Angehörige behandeln den Pflegegrad weniger als wahre oder falsche Aussage über Tatsachen denn als Mittel zu einem Zweck. Begutachtete fassen das Begutachtungsergebnis oft als Bewertung ihrer Person auf. Die Differenz der drei Perspektiven entsteht durch die Delegation einer Allokationsentscheidung an ein epistemisches Verfahren, das Wissen darüber produziert, ob die potenziellen Empfänger eine gesellschaftlich wertgeschätzte Eigenschaft (Selbständigkeit) aufweisen oder nicht. Im Vergleich zu alltagsweltlichen Entscheidungen über die Gewährung von Hilfe findet eine ‚Epistemisierung‘ statt. Das soll die Entscheidung objektiver machen, hat aber auch einen paradoxen Effekt: Die Steigerung der sozialen Sichtbarkeit der Bedürftigkeit macht die Entscheidung erst recht zu einer persönlichen und moralischen Angelegenheit.
Schlüsselwörter Pflegebegutachtung – Soziologie der Hilfe – Verfahren – Bewertung – Entscheidung – Messung
MedSach 120 1/2024: 24 –28Perspectives on care needs assessmentA procedure between measurement, evaluation and decision
Abstract
This article examines the assessment of care needs, which regulates access to services provided by long-term care insurance in Germany. ...
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Ph. Lambrix
Die Perspektiven der Pflegebegutachtung – Ein Verfahren zwischen Messung, Bewertung und Entscheidung
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