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LSG Niedersachen-Bremen vom 8.3.2021 - L 7 KO 7/18 (KR) Schlagwörter: Sachverständigengutachten – Vergütung – Entschädigung – Kodierung Krankenhausleistungen

Leitsätze

1. Wenn bei einem Streit über die Kodierung von Krankenhausleistungen nach DRG-Fallpauschalen, um sie abzurechnen, kein klärungsbedürftiger medizinischer Sachverhalt vorliegt, sondern nur Rechtsfragen zu klären sind, ist die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens unzulässig.

2. Die Vergütung (= Entschädigung) für ein dennoch eingeholtes und erstelltes medizinisches Sachverständigengutachten ist auf 0,00 Euro festzusetzen. Denn das vom Antragsteller erstellte Gutachten lässt sich weder unter Zugrundelegung der Anlage 1 zu § 9 JVEG a.F. noch nach der Ermessensvorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a.F. einer Honorargruppe zuordnen. Anderweitige Rechtsgrundlagen, auf die eine Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten gestützt werden könnte, wie z.B. Gebührenordnungen, kommen nicht in Betracht. Das JVEG ist hinsichtlich der Vergütung gerichtlich herangezogener Sachverständiger abschließend.

3. Eine Vergütung für ein eingeholtes (medizinisches) Sachverständigengutachten über rechtliche Fragen sieht das Gesetz nicht vor. Denn die Einholung eines Rechtsgutachtens durch das Gericht zu in Deutschland geltenden, deutschen Rechtsnormen ist dem gerichtlichen Sachverständigenbeweis entzogen, weil das deutsche Recht von dem Grundsatz ausgeht: „iura novit curia“ – das Gericht kennt das Recht.

4. Ein Vergütungsanspruch kann sich in solchen Fällen auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer durch gerichtliche Beweisanordnung erfolgten Beauftragung oder vor dem Hintergrund früherer Beauftragungen ergeben. Denn dem Vergütungsanspruch steht das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleitete Missbrauchsverbot entgegen. Aufgrund der Pflicht des Sachverständigen, Zweifel an Inhalt und Umfang des Auftrages unverzüglich durch das Gericht klär zu lassen (§ 407a Abs. 4 Satz 1 ZPO), handelt er rechtsmissbräuchlich und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßend, wenn er erkennt, dass die Einholung des Sachverständigengutachtens teilweise überflüssig, überwiegend sogar unzulässig ist, und es trotzdem ohne Rückfrage bei dem Gericht erstellt.

Anmerkung:

Der vollständige Text der relativ langen und ausführlich begründeten Entscheidung ist über eine Google-Suche mit Hilfe des Aktenzeichens sehr gut auf kostenlosen Seiten im Internet zu finden.

Redaktionell überarbeitete Fassung
eingereicht von P. Becker, Kassel