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Biopsychosoziale Risikofaktoren von besonderer Bedeutung für Long-COVID

„Einige methodisch starke wissenschaftliche Arbeiten haben jetzt herausgearbeitet, dass psychosoziale und psychologische Faktoren eine erhebliche Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung des Long-COVID-Syndroms spielen“, berichtete Christine Allwang, Leitende Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum rechts der Isar der TU München.

 

So zeigt eine Studie, dass Menschen, die vor einer Infektion mit dem Coronavirus unter depressiven Symptomen, Ängstlichkeit, der Sorge vor einer Infektion, Stresserleben oder Einsamkeit litten, ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Long-COVID-Symptomatik hatten. „Bei Vorhandensein von zwei der genannten Disstress-Faktoren war das Risiko um bis zu 50 Prozent erhöht“, berichtete Allwang. Grundlage für diese Studie bildeten die Daten von fast 55 000 Teilnehmenden dreier großer Register-Studien, die im April 2020 noch keine SARS-CoV-19-Infektion erlitten hatten und zu psychosozialen Faktoren befragt worden waren. Sechs Prozent meldeten in den 47 darauffolgenden Wochen eine SARS-CoV-19--Infektion und wurden weiter evaluiert.

„Das sind Ergebnisse, die auf umfassenden Zahlen beruhen und die man nicht wegdiskutieren kann“, betonte Allwang. Dass psychosoziale Faktoren eine wichtige Rolle spielen, kann die Münchener Long-COVID-Spezialistin aus eigener Erfahrung bestätigen. „Sehr viele Menschen, die unter Long-COVID leiden, erlebten vor der Infektion starken psychosozialen Alltagsstress, etwa als Alleinerziehende, im Beruf, durch die Pflege von Angehörigen oder durch eine Trennung“, so Allwang, die das Forschungsprojekt „PsyLoCo“ zur Entwicklung einer Therapie für Long-Covid koordiniert. „Der Körper reißt die Betroffenen quasi aus dem Leben und zwingt sie, sich selbst in einem Ausmaß zuzuwenden, das sie sich zuvor nicht erlaubt hätten.“

Bei anderen Risikogruppen für Long-COVID stellt die psychische Verfassung ebenfalls ein herausragendes Merkmal dar. „Es kristallisiert sich heraus, dass ein erheblicher Anteil der Long-COVID-Betroffenen eine Vorbelastung wie Depression oder Angststörung aufweisen“, stellte Allwang fest. Auch die Erwartung, nach einer Covid-Infektion mit anhaltenden Körperbeschwerden zu tun zu haben, ist ein Risikofaktor für Post-Covid. Zu diesem Ergebnis kommt eine Längsschnittstudie, die 1792 Personen aus Gesundheitsberufen erfasste. „Es zeigte sich, dass sich bei Teilnehmenden, die Sorge vor einer Infektion hatten, Körperbeschwerden verstärkten beziehungsweise diese stärker wahrgenommen wurden“, erläuterte Allwang. „Negative Erwartung ist ebenfalls ein Risikofaktor für anhaltende Belastung.“

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden

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