Eine aktuelle retrospektive Kohortenstudie von Pahwa und Kollegen untersuchte nun die Risikofaktoren für die Entwicklung einer Niereninsuffizienz unter langfristiger Lithiumprophylaxe bei Patienten mit bipolaren Störungen. Dafür wurden 154 erwachsene Patienten (18 bis 80 Jahre) aus der Mayo Clinic Bipolar Biobank ausgewählt und analysiert, die für mindestens ein Jahr mit Lithium behandelt worden waren.
Zusammenfassend wurde bei einem Viertel dieser Patienten eine chronische Niereninsuffizienz beobachtet, wobei sich die Progressionsrate der Nierenfunktionseinschränkung bei fortgesetzter gegenüber beendeter Lithiumtherapie nicht unterschied.
Unabhängige Prädiktoren für die Entwicklung einer Niereninsuffizienz unter langfristiger Lithiumbehandlung waren demnach ein komorbid bestehender Diabetes mellitus Typ II und interessanterweise auch der Gebrauch von Benzodiazepinen, was die Autoren über eine vermehrte Ängstlichkeit und einen konsekutiv höheren Blutdruck von Benzodiazepin-behandelten Patienten erklärten. Darüber hinaus wurden bei Patienten, die später im Behandlungsverlauf eine Niereninsuffizienz entwickelten, bereits bei Studieneintritt erhöhte Kreatinin-Werte gemessen, was auf die Bedeutung einer zusätzlichen renalen Prädisposition hinweist.
Die Autoren schlussfolgerten daher, dass das Fortschreiten einer Niereninsuffizienz bei langfristig mit Lithium behandelten Patienten mit bipolarer Erkrankung auch durch
Komorbiditäten in relevantem Ausmaß beeinflusst wird, so Bauer. Nach den Ergebnissen dieser Studie sollte das Absetzen von Lithium nach Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz – insbesondere bei gutem Therapieansprechen – erst nach ausführlicher Risiko-Nutzen-Abwägung sowie nach Prüfung von Komorbiditäten, Begleitmedikation und Risikofaktoren erfolgen.
Pahwa, M. et al. (2021): Long-term lithium therapy and risk of chronic kidney disease in bipolar disorder: A historical cohort study. Bipolar Disord 23:715-723. doi: 10.1111/bdi.13052.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden