Während ein sogenannter „schuldloser“ Fehler etwa bei symptomlosen oder vollkommen atypischen Krankheitsverläufen bzw. bewusst in der Anamnese nicht mitgeteilten Beschwerden vorliegt, kann ein systemisch bedingter Fehler beispielsweise bei einem maschinellen Defekt mit konsekutiver Fehlmessung oder anderen systemischen Defiziten vorliegen. Beiden Fehlerarten ist gemein, dass sie nur schwer entdeckbar bzw. schwer vermeidbar sind, aber gegenüber kognitiven Fehlern auch seltener vorkommen.
Bei kognitiven Fehlern handelt es sich dagegen um Fehler, die aufgrund systematischer Bias-Formen durch die Denkprozesse des Arztes verursacht werden. Dazu zählen beispielsweise Fehlinterpretationen von Symptomen oder Untersuchungsergebnissen, das Übersehen relevanter Informationen oder voreilige Schlussfolgerungen.
Erhebungen zur Prävalenz diagnostischer Fehler zeigen eine große Heterogenität:
· In Fachdisziplinen mit hohem Grad an Standardisierung und Homogenität im diagnostischen Ablauf wie der Pathologie oder Radiologie werden Fehlerraten von 2 % bis 5 % berichtet.
· In Fachgebieten wie der Allgemein- oder Notfallmedizin, mit hoher Heterogenität und anderen fehlerbegünstigenden Faktoren, zum Beispiel Zeitdruck, werden international diagnostische Fehler bei 10 % bis 15 % aller Fälle beschrieben.
Verlässliche Zahlen für Deutschland liegen nicht vor. Die ökonomischen Auswirkungen von Fehldiagnosen sind allerdings erheblich, sowohl in Bezug auf die direkten Krankheitskosten als auch durch mögliche finanzielle Aufwände für Haftpflichtversicherungen, so Strametz.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden