Mangelernährung wird vielfach nur als Problem von Hunger in den armen oder von Katastrophen geprägten Regionen der Welt wahrgenommen, tritt aber häufig auch krankheitsbedingt auf. In Deutschland sind 20 bis 30 Prozent aller Klinikpatienten betroffen, vor allem Menschen mit chronischen und schweren Erkrankungen sowie im höheren Lebensalter.
Wichtige Hinweise auf eine Mangelernährung sind: Appetitlosigkeit, verminderte Nahrungsaufnahme, unbeabsichtigter Gewichtsverlust, niedriges Körpergewicht und Abbau der Muskulatur. In der Folge treten körperliche Schwäche und eine Funktionsminderung des Immunsystems auf.
Dies wiederum verschlechtert die Prognose der Patienten, unter anderem durch vermehrte Behandlungskomplikationen (Verdreifachung!) und den Verlust von Selbstständigkeit und Lebensqualität. Bei Kindern kommen Wachstums- und Entwicklungsstörungen hinzu. Die Dauer der stationären Behandlung von mangelernährten Menschen ist um über 40 Prozent und die Sterblichkeit sogar um das mehr als Dreifache erhöht!
Aus dem größeren Behandlungsaufwand resultieren auch deutlich höhere Behandlungskosten. Legt man die aktuellen Behandlungszahlen in Deutschland zugrunde (17,2 Millionen stationäre Behandlungen im Jahr 2023, konservative Häufigkeitsannahme von 20 bis 25 Prozent), so lassen sich die jährlichen Mehrkosten durch Mangelernährung allein im stationären Bereich auf 5,0 bis 8,6 Milliarden Euro schätzen; das entspricht ungefähr 3,7 bis 6,5 Prozent der Gesamtkosten der stationären Versorgung.
Für Deutschland lässt sich anhand der Daten des NutritionDay die Anzahl der Todesfälle bei mangelernährten Klinikpatienten pro Jahr auf etwa 200.000 schätzen. Insgesamt könnten durch ein systematisches Ernährungsmanagement (Screening bei Klinikaufnahme, leitliniengerechte Behandlung während des Klinikaufenthaltes) 55.000 Todesfälle vermieden werden bei gleichzeitigem Kostensparpotenzial von 9 Milliarden Euro pro Jahr (bezogen auf einen Zeitraum bis 6 Monate nach Entlassung).
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden