Am 3. Juni 2024 erschien im JAMA Network Open eine Publikation aus den USA, basierend auf den Daten von drei prospektiven Kohortenstudien an 390.124 Erwachsenen (Alter 61 bis 66 Jahre, 55% männlich), die – nach eigener Angabe – Multivitaminpräparate zu sich nahmen. Die Probanden wurden bis zu 27 Jahre nachverfolgt. Sie hatten zu Beginn keine Krebs- und keine anderen chronischen Erkrankungen in der Vorgeschichte.
Als Ergebnis zeigte sich, dass Personen, die Multivitaminpräparate einnahmen, kein geringeres Mortalitätsrisiko aufwiesen. Im Gegenteil, es bestand sogar die Tendenz zu erhöhter Sterblichkeit!
Die Resultate über einen fehlenden Nutzen von Multivitaminpräparaten decken sich über weite Strecken mit der Literatur, kommentierte Schatz. Im Unterschied zu den publizierten Berichten konnte in der vorliegenden Studie aber eine große Zahl von Einflußfaktoren (Confounders) berücksichtigt werden, ebenso wie ein möglicher Bias etwa durch Lebensstilfaktoren, die mit den einzelnen Substanzen der Supplemente zusammenhängen können.
In einem Invited Commentary wird hervorgehoben, dass in der besprochenen Studie nur die Mortalitätsdaten erfasst wurden, nicht aber die potenziellen Vorteile von Einzelkomponenten wie etwa Betacaroten, Vitamin C und E sowie Zink, welche zum Beispiel eine altersassoziierte Makuladegeneration verzögern können, oder auch bei älteren Personen eine verbesserte Gedächtnisleistung und eine verzögerte Abnahme der Kognition bewirken.
Von der Bevölkerung sollten nicht generell Multivitamin-Supplemente – etwa zur Prävention von Krebs und Herz-Kreislauf-Leiden – eingenommen werden, so die Empfehlung im Commentary. In den USA sei dies zurzeit bei jeder dritten Person der Fall. Mikronährstoffe würden am gesündesten auf natürlichem Wege mit der Ernährung durch Mischkost in den Körper gelangen.
Aus gutachtlicher Sicht sind diese Ergebnisse von Bedeutung, wenn etwa die medizinische Notwendigkeit einer orthomolekularen Therapie mit zahlreichen Vitaminen und sonstigen Mikronährstoffen bei Menschen bei Menschen ohne echte Mängel daran beurteilt werden soll.
https://blog.endokrinologie.net/multivitaminpraeparate-sterberisiko-5630/
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden