Dazu Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied und Vorsitzende des Unterausschusses Psychotherapie und psychiatrische Versorgung: „Das neue Versorgungskonzept ist speziell auf schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche mit eingeschränkten psychosozialen Fähigkeiten zugeschnitten. Die Behandlungs- und Hilfesysteme stoßen hier oft an ihre Grenzen, da ein höchst individuelles Versorgungsangebot gebraucht wird, das immer wieder überprüft und angepasst werden muss. Regionale Netzverbünde, wie sie für die Gruppe der erwachsenen Patientinnen und Patienten vorgesehen sind, scheinen hier kein praktikables Organisationsmodell. Für ein koordiniertes und kooperatives Versorgungsnetz sehen wir stattdessen sogenannte Zentrale Teams vor, die bedarfsabhängig erweitert werden können und auch Kooperationen eingehen sollen. Diese Kooperationen sind deshalb so wichtig, weil sie die Brücke in Hilfesysteme außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung darstellen. Verpflichtende Vorgaben können wir als Gemeinsamer Bundesausschuss aber nur für Leistungsanbieter der gesetzlichen Krankenversicherung treffen.“
Über welche wesentlichen Maßnahmen soll eine koordinierte Versorgung erreicht werden?
Genereller Leitgedanke ist es, den Willen der jungen Patientinnen und Patienten und der Sorgeberechtigten in die Therapieplanung einzubeziehen und die individuellen Teilhabe- und Entwicklungsziele zu unterstützen. Damit die verschiedenen Versorgungsbestandteile sicher ineinandergreifen, sieht das Versorgungskonzept eine Ansprechperson mit ärztlicher oder psychotherapeutischer Qualifikation vor, die insbesondere die erforderliche Beziehungsstabilität für die Kinder und Jugendlichen gewährleistet: Sie stimmt einen Gesamtbehandlungsplan ab und übernimmt die Verantwortung für die Koordination der Versorgung. Sie ist Teil eines sogenannten Zentralen Teams, zu dem mindestens eine Person mit fachärztlicher Qualifikation, eine Person mit psychologischer Qualifikation sowie eine koordinierende nichtärztliche Person gehören.
Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit bestimmt sich patientenindividuell: Besteht beispielsweise Bedarf an Krankenhausbehandlung, Ergotherapie oder psychiatrischer häuslicher Krankenpflege, können diese Institutionen oder Leistungserbringer einbezogen und ein sogenanntes Erweitertes Team gebildet werden. Zudem können Akteure außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung in das Erweiterte Team eingebunden werden, um die Zusammenarbeit beispielsweise mit Einrichtungen der Jugendhilfe und schulpsychologischen Diensten zu verbessern. In regelmäßigen, patientenorientierten Fallbesprechungen wird überprüft, ob die Therapieziele erreicht werden und wie die Patientin oder der Patient bestmöglich unterstützt werden kann.
Inkrafttreten
Die Erstfassung der KJ-KSVPsych-RL tritt nach Prüfung des Bundesministeriums für Gesundheit und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Anschließend legt der Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen die benötigten Vergütungsziffern fest. Die Kassenärztlichen Vereinigungen stellen dann ein fortlaufend aktualisiertes Verzeichnis der Teilnahmeberechtigten bereit.
Hintergrund
Mit dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung erhielt der G-BA die Aufgabe, Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf nach § 92 Abs. 6b SGB V zu definieren.
Nähere Informationen zur Umsetzung dieses Regelungsauftrages für Erwachsene: Komplexversorgung: Koordinierte Versorgung für schwer psychisch Erkrankte
Beschluss zu dieser Pressemitteilung
Richtlinie über die berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung insbesondere für schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf (KJ-KSVPsych-RL): Erstfassung
Pressemitteilung Gemeinsamer Bundesausschuss