Das Thema „Rechtsfragen zur Erstattung von Heilpraktikerleistungen“ erörtert der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Michael Rauscher aus München, wobei er auch ausführlich zu den Fragen Stellung nimmt, nach welchen Grundsätzen und von wem Heilpraktikerbehandlungen zu begutachten sind.
Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung sind Heilpraktikerleistungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) grundsätzlich erstattungsfähig, wenn weitere Leistungsvoraussetzungen bestehen. So haben im Jahr 2014 die PKV-Unternehmen für Heilpraktikerbehandlungen im ambulanten Bereich eine Gesamtleistung von 264,2 Millionen Euro erbracht. Es können aber – je nach vereinbartem Tarif – Leistungseinschränkungen der Höhe nach bestehen.
Bei einer möglichen Kostenerstattung für Behandlungen durch Heilpraktiker durch Unternehmen der privaten Krankenversicherung sind die üblichen Voraussetzungen der Leistungspflicht, die sich aus den einschlägigen Musterbedingungen (MB/KK 09) ergeben, zu beachten und mit denselben Maßstäben wie bei der Behandlung durch einen Arzt zu prüfen. So ist der Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung – auch bei Leistungserbringung durch einen Heilpraktiker.
Ein Heilpraktiker darf sich auch nicht über die Schulmedizin hinwegsetzen. Er muss sich über die Fortschritte in der Heilkunde generell und über anderweitige Erkenntnisse zu Nutzen und Risiken der von ihm angewandten Heilverfahren unterrichten, wie der Bundesgerichtshof bereits vor 25 Jahren festgestellt hat.
Im Prozess ist die medizinische Notwendigkeit von einem medizinischen Sachverständigen zu beurteilen, da nur dieser die fachliche wissenschaftliche Eignung zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit hat. Gerade weil Heilpraktiker vermehrt Behandlungsmethoden außerhalb der Schulmedizin und im Rahmen der alternativen Medizin anwenden, ist es unerlässlich, dass die Begutachtung stets durch einen Schulmediziner erfolgt, da auch die vom Heilpraktiker angewandten Verfahren vom Standpunkt der Schulmedizin aus zu beurteilen sind. Sinnvoll kann es sein, einen Arzt mit entsprechenden Zusatzbezeichnungen, Kenntnissen und Erfahrungen im Bereich der alternativen Medizin zu beauftragen.
Die Gewährung der Vergütung einer Heilpraktikerbehandlung ist nicht vom Heilerfolg abhängig; es besteht jedoch für den Heilpraktiker die Verpflichtung zu einer gewissenhaften Behandlung unter Beachtung der Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht. Das Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH) aus dem Jahr 1985 (das seitdem nicht mehr aktualisiert wurde) ist keine Gebührentaxe, sondern ein von Heilpraktikern im Rahmen einer Umfrage ermitteltes Verzeichnis der durchschnittlich üblichen Vergütungen. Leistungen, die nicht im GebüH enthalten sind, können entsprechend einer ähnlichen Leistung im GebüH berechnet werden.
Sofern die Höhe des Honorars vor der Behandlung nicht ausdrücklich vereinbart wurde, kann der Patient davon ausgehen, dass es sich im Rahmen der im GebüH enthaltenen Beträge bewegt. Rechnet der Heilpraktiker seine Leistungen also nach diesem Gebührenverzeichnis ab, so sind dies regelmäßig übliche und angemessene Preise, die der Versicherer im tariflichen Umfang zu erstatten hat. Den Heilpraktiker trifft insofern auch eine Hinweispflicht bei Überschreiten der im GebüH genannten Beträge.
Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass Heilpraktiker ihre Leistungen analog der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen. Dann werden ggf. Tarifbedingungen bzw. Regelungen relevant, welche eine Kostenerstattung nur bis zu den Höchstsätzen der GOÄ vorsehen. Eine solche Klausel begegnet in der neueren Rechtsprechung keinen rechtlichen Bedenken (Etwa OLG Hamm mit Urteil vom 25.3.2015).
(Versicherungsrecht 67 (2016), 4: 217–221)
Gerd-Marko Ostendorf, Wiesbaden