Der psychiatrische Gutachter, dem ja keine apparative Diagnostik zur Verfügung steht, ist in besonderer Weise gehalten, die Aussagen der Begutachteten hinsichtlich ihrer Glaubhaftigkeit zu überprüfen, ggf. durch psychometrische Beschwerdenvalidierungstests. Dass Personen etwa bei einer Begutachtung zur Überprüfung der beruflichen Leistungsfähigkeit für die (private) Berufsunfähigkeitsversicherung verpflichtet sind, die Beschwerden und Leistungseinschränkungen wahrheitsgemäß zu schildern, betont das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) mit Urteil vom 8.2.2017 (AZ: 5 U 24/13), indem es ausführt:
„Ein Versicherer, dem vertraglich zusteht, die Fortdauer des Versicherungsfalls Berufsunfähigkeit zu prüfen, ist jedoch in besonderem Maße auf die Loyalität seines Versicherungsnehmers angewiesen. Gerade in Fällen, in denen bildgebende Methoden zur Feststellung des gesundheitlichen Zustands des Versicherungsnehmers nicht zur Verfügung stehen, und in denen es deshalb maßgeblich darauf ankommt, auf der Grundlage der Darstellung der Beschwerden des Versicherungsnehmers sachverständig einschätzen zu können, ob eine einmal angenommene Berufsunfähigkeit als solche oder in dem Anerkenntnis des Versicherers zugrunde gelegten Grad fortbesteht, ist es entscheidend, dass der Versicherungsnehmer sich einer ärztlichen Befunderhebung und Einschätzung offen und redlich unterwirft. Dabei gilt es natürlich, subjektive aber krankheitsbedingte Verzerrungen zu würdigen.“
(Neue Juristische Wochenschrift 70 (2017) 43: 3165–3170)
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden