Ein zusammenfassendes Werk zu Fragen und Problemen, die bei der Begutachtung von Kindern und Jugendlichen in den verschiedenen Rechtsgebieten von Bedeutung und Interesse sind, existiert im deutschen Sprachraum noch nicht. Insgesamt enthalten die erschienenen umfassenden Werke zur Begutachtung auch keine Kapitel, die sich gesondert der Begutachtung dieses Personenkreises widmen. Das letzte Heidelberger Gespräch im Jahre 2015 hatte sich daher die Aufgabe gestellt, einen solchen Überblick über die hier wesentlichen Probleme zu geben. Die hierzu gehaltenen Vorträge finden sich in dieser Ausgabe der Zeitschrift wiedergegeben, allein der Beitrag zur Begutachtung von Kindern und Jugendlichen im Öffentlichen Gesundheitsdienst wird erst in der nächsten Ausgabe gedruckt.
Begonnen wird dieser Themenblock mit Ausführungen von Seiten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und der Deutschen Rentenversicherung von Grotkamp und Ueberschär an Hand der Darstellung der Mutter/Vater/Kind-Kur sowie der Kinder- und Jugendrehabilitation. Für die Agentur für Arbeit schließen sich Beiträge hinsichtlich der beruflichen Orientierung aus ärztlicher Sicht von Bahemann und aus psychologischer Sicht von Behrens an. Die Schwierigkeiten der Begutachtung von Entwicklungsstörungen im Schwerbehindertenrecht (SGB IX Teil 2) werden nachfolgend von Marks dargestellt, für den Bereich der Pflegebegutachtung (SGB XI) von Schefels. Bekanntlich sind für den letzten Rechtsbereich in unmittelbarer Zukunft auch Änderungen in den Beurteilungsgrundlagen zu erwarten, auf die in diesem Beitrag bereits kursorisch eingegangen wird.
Eingeleitet wird das Heft mit einem Beitrag von Gresser zum Thema „Einflussnahme auf den Gutachter“. Den Ausführungen in diesem Beitrag zugrunde liegen Ergebnisse einer Befragung von überwiegend psychiatrischen Gutachtern in Bayern und in Österreich, von denen eine nicht geringe Zahl eine äußere Einflussnahme von Seiten der Auftraggeber auf das Ergebnis ihrer Begutachtung bemerkt haben will. Dieses Ergebnis muss zweifellos Anlass zum Nachdenken sein. Leider scheint aber die Frage an die Gutachter nicht weitergehend dahin präzisiert worden zu sein, in welcher Form diese Einflussnahme erfolgt sein soll. Diese Kenntnis wäre aber wesentliche Voraussetzung dafür, eine derartige Einflussnahme für die Zukunft zu vermeiden. Nach einer teilweisen Vorveröffentlichung der Ergebnisse der zugrunde liegenden Studie hatte es hierzu auch schon eine kritische Stellungnahme des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Neurowissenschaftliche Begutachtung gegeben, die in Ausgabe 5/2014 dieser Zeitschrift auf Seite 234 nachgelesen werden kann. Die Vorschläge zu Änderungen besonders bei der Beauftragung von Gutachtern im Gerichtsverfahren sind zweifellos aber einer Diskussion wert.
E. Losch, Frankfurt/Main