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AWMF-Leitlinie „Long/Post-COVID“ aktualisiert: Gutachtliche Aspekte

Die klinische Empfehlung beschreibt die aktuellen Long/Post-COVID-Symptome, diagnostische Ansätze und Therapien. Das Update der Leitlinie beinhaltet neben der Aktualisierung der bereits vorhandenen Kapitel ein neues Kapitel zu Long/Post-COVID und Rheumatologie sowie ein weiteres Kapitel zur Bewegungstherapie.

Aus gutachtlicher Sicht sind etwa folgende Aussagen interessant:

·       Wenn (neu aufgetretene) Symptome oder Beschwerden nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion den Verdacht auf PCS (Post-COVID-Syndrom) lenken, sind immer somatische und psychische Differentialdiagnosen zu bedenken und ggf. auszuschließen.

·       Die Pathogenese von PCS ist nicht geklärt und wahrscheinlich auch nicht bei jedem Patienten gleich. Deshalb existieren bislang auch weder ein Biomarker noch ein spezifisches diagnostisches Testverfahren.

·       Die Diagnose von PCS kann bislang weder durch eine einzelne Labor- oder technische Untersuchung noch durch ein Panel an Laborwerten diagnostiziert bzw. objektiviert werden. Ebenso schließen normale Laborwerte ein PCS nicht aus.

·       Psychische Symptome sind sowohl als Folge der Infektion mit SARS-CoV-2 als auch als Prädiktoren von PCS beschrieben und mittlerweile metaanalytisch belegt. Damit ist hinreichend gezeigt, dass psychische und psychosomatische Vorerkrankungen Vulnerabilitätsfaktoren für das Auftreten von PCS-Symptomen darstellen.

·       Interessanterweise scheint die Zuschreibung von langfristig bestehenden Symptomen als Folgeerscheinung einer SARS-CoV-2-Infektion auch von der Überzeugung abzuhängen, ob eine Infektion durchgemacht wurde.

Zu den Aspekten der Begutachtung wird angeführt:

·       Die Folgen von PCS werfen versicherungsrechtliche Fragen auf. Zum einen geht es bei anhaltender Einschränkung der Leistungsfähigkeit um die Frage der Erwerbsminderung. Zum anderen spielt bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder bei Tätigkeit in einem Laboratorium oder einer anderen Tätigkeit mit ähnlicher Infektionsgefahr die Frage der Anerkennung als Berufskrankheit (BK Nr. 3101) bzw. in anderen Branchen / Arbeitsbereichen die Anerkennung als Arbeitsunfall einschl. der jeweiligen Krankheitsfolgen und der Einstufung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) eine wichtige Rolle.

·       Diese [Begutachtungen] sollten bei den Betroffenen bei entsprechenden Organmanifestationen in den jeweiligen Fachgebieten durchgeführt werden. D.h. bei pulmonaler oder kardialer Manifestation von Internisten mit entsprechender Qualifikation, bei neurologischen Manifestationen (PNS, ZNS, Muskeln) von Neurologen.

·       Bei den häufig komplexen Spätfolgen sollte die Begutachtung interdisziplinär erfolgen. Insbesondere bei Beschwerden ohne nachweisbares organisches Korrelat wie Fatigue und/oder ME/CFS und/oder neurokognitiven Defiziten und/oder Schmerzen und/oder affektiven Störungen ist eine dem jeweiligen Beschwerdebild angepasste Begutachtung auf internistischem, pädiatrischem, neurologisch-neuropsychologischem, psychiatrischem bzw. psychosomatischem Gebiet nach den Standards der Diagnostik, Funktionsbeurteilung und Beschwerdevalidierung notwendig, wie sie in den entsprechenden AWMF-Leitlinien zur Begutachtung beschrieben sind.

·       Bei Folgeschäden auf mehreren Fachgebieten ist eine integrierende Beurteilung der Funktionseinschränkungen erforderlich.

 

https://register.awmf.org/assets/guidelines/020-027l_S1_Long-Post-Covid_2024-06_1.pdf  

 

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden