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Begutachtung von COVID-assoziierten Gesundheitsstörungen (nach einem Beitrag im MedSach)

Die Unfallversicherungsträger weisen in ihren Gutachtenaufträgen vielfach darauf hin, dass die Begutachtung sich an dem Artikel von M. Tegenthoff und Koautoren „Begutachtung häufiger Post-COVID-Syndrome in der gesetzlichen Unfallversicherung“ in Heft 5/2022 der Zeitschrift „Der medizinische Sachverständige“ (/node/195140) orientieren möge. Daher zitierte er diese Arbeit ausführlich.

 

Hier die Ausführungen zur Begutachtung der Fatigue-Symptomatik:

Fatigue stellt in Studien das häufigste subjektive Symptom im Rahmen eines Post-COVID-Syndroms dar. Dieser Symptomkomplex, definiert als Schwierigkeit, willkürliche Aktivitäten zu initiieren oder aufrecht zu erhalten, ist seit langem im Gefolge anderer Viruserkrankungen oder im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen oder z. B. der multiplen Sklerose bekannt.

Grundsätzlich begründet die Diagnose "Fatigue" allein keine funktionelle Leistungseinschränkung. Im gutachtlichen Kontext empfiehlt sich daher eine Unterscheidung zwischen "Fatigue" als subjektivem Gefühl einer vorzeitigen Ermüdung mit resultierender Leistungsminderung, welches anamnestisch oder mittels Fragebögen erfasst werden kann, und "Fatigability" als einer objektiv mess- bzw. nachweisbaren Minderung der motorischen und/oder kognitiven Performance. Dabei korreliert eine messbare Fatigability offensichtlich auch mit relevanten Funktionsbeeinträchtigungen.

Sofern das Bestehen einer Fatigability nicht durch objektivierbare organmedizinische (Funktions-)Befunde im Sinne eines direkten Beweises nachweisbar ist, steht im Zentrum der gutachtlichen Bewertung eine Konsistenzprüfung. Hierzu gehören eine subtile Einzelfallanalyse der Alltagsaktivitäten sowie die Evaluation Infekt-unabhängiger konkurrierender Belastungsfaktoren und möglicher Zielkonflikte mit sekundärem Krankheitsgewinn.

Der Einsatz von Selbstbeurteilungsskalen und Fragebögen allein ist für eine Begutachtung unzureichend, erscheint jedoch vor allem für Verlaufsbeurteilungen unverzichtbar. Zur Erfassung subjektiv erlebter Fatigue-Symptome liegen unterschiedliche Fragebögen vor, die in der Selbsteinschätzung motorische und/oder kognitive Funktionseinschränkungen erfassen. Hierzu wurden für zahlreiche Krankheitsbilder Fragebögen entwickelt. Allgemein verfügbar in deutscher Sprache ist z. B. die Fatigue Impact Scale (FIS) mit je 10 Aussagen zur körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit.

Bei schwierigen Fragestellungen kommt ggf. eine mehrtägige Längsschnittbeobachtung durch geschultes medizinisches Personal z. B. im stationären Rahmen oder auch in Form einer standardisierten "Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit" (EFL) in Betracht. Aber auch im Rahmen einmaliger gutachtlicher Untersuchungen können verschiedene Tests zur Beweisführung beitragen (kognitive Fatigability, motorische Fatigability u. a.).

Bei dieser Publikation handelt es sich um ein Autorenpapier, an welchem er selbst mitgewirkt hat, erklärte Nowak abschließend. Dieses versuche, eine rationale Grundlage für eine möglichst einheitliche und standardisierte Begutachtung von Post-COVID-Syndromen zu schaffen. Es handele sich jedoch nicht um eine strukturierte Begutachtungsempfehlung wie die Falkensteiner, Bochumer oder Reichenhaller Empfehlung.

G.-M. Ostendorf, Wiesbaden