COVID-19 kann in der Gesetzlichen Unfallversicherung sowohl eine Berufskrankheit darstellen als auch einen Arbeitsunfall:
· Prüfung nach Maßstäben einer Berufskrankheit nach BK-Nr. 3101 (Infektionskrankheiten) bei Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege, in einem Laboratorium oder mit ähnlicher Infektionsgefahr
· Prüfung nach Maßstäben eines Arbeitsunfalls bei beruflichem Kontakt zu Menschen (etwa bei FriseurInnen oder Arbeitern in der Schlachterei)
Nach der BSG-Rechtsprechung ist festzustellen, dass auch bei zeitlich verzögertem Auftreten von körperlichen Folgen einer (mit PCR-Test gesicherten) SARS-CoV-2-Infektion, dem sog. Long-/Post-COVID, eine Anerkennung als Berufskrankheit erfolgen kann. Typisch für Long-/Post-COVID sind v. a. unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue), geringe Belastbarkeit, Konzentrationsstörungen, Kurzatmigkeit, Muskelschwäche und psychische Beeinträchtigungen.
Als Anforderung an den Gutachter gilt eine genaue Beschreibung der COVID-Folgen, da die pauschale Diagnose „Long-/Post-COVID“ nicht ausreicht: Nach der ständigen BSG-Rechtsprechung sind Gesundheitsschäden genau zu definieren und (soweit möglich) in ein gängiges Diagnosesystem wie die ICD-10 einzuordnen. Dabei kommt es auf den aktuellen medizinischen Kenntnisstand an und nicht auf die Auffassung des einzelnen Sachverständigen, führte Woltjen aus.
Oftmals seien dabei Begutachtungen auf unterschiedlichen Fachgebieten erforderlich, z. B. Neurologie, Psychiatrie, Pneumologie, Kardiologie oder HNO. Angesichts der aktuell erforderlichen sehr großen Menge entsprechender Gutachten für die Gesetzlichen Unfallversicherung erweise es sich allerdings als problematisch, dass die Anzahl der Gutachter mit ausreichender Erfahrung in der COVID-Begutachtung derzeit (noch) gering sei.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden