Die Forscher untersuchten bei ihrem Ansatz das sogenannte Metabolom, also die Gesamtheit aller Produkte von Stoffwechselreaktionen in bestimmten Zellen. „Es ist quasi der metabolische Fingerabdruck des körperlichen Zustands und bietet neue Einblicke in Krankheitsmechanismen oder den weiteren Krankheitsverlauf“, erklärte Zacharias.
Zusammen mit Forschenden der Technischen Universität München und des Helmholtz Zentrum München sowie der Universitätsmedizin Greifswald analysierte sie das Blutmetabolom von Personen mit und ohne Depressionen.
Sie verwendete dazu Blutproben von 1.411 Probanden der Studie KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg). Hierfür wurden 353 einzelne Metabolite im Serum gemessen und über statistische Verfahren diejenigen herausgesucht, die mit Depression assoziiert waren. Depressionen in der KORA-Kohorte wurden mittels Fragebogen erfasst.
„Bei den Metabolommessungen sind wir hypothesenfrei vorgegangen. Das heißt, wir haben uns nicht gezielt einzelne Moleküle angeschaut, sondern zunächst alles gemessen, was man messen kann. Wichtige Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht und Medikamenteneinnahmen wurden bei der statistischen Auswertung berücksichtigt“, so Zacharias.
Dabei zeigten sich signifikant niedrigere Spiegel des Metaboliten Laurylcarnitin bei Menschen mit Depression im Vergleich zu Gesunden. Laurylcarnitin gehört zur chemischen Klasse der Acylcarnitine, die am Transport von Fettsäuren und der Fettsäureoxidation in Mitochondrien beteiligt sind. Geringere Konzentrationen dieser Verbindungen bei depressiven Personen könnten auf eine veränderte Fettsäureoxidation oder mitochondriale Funktion hinweisen.
Dass der beobachtete Zusammenhang kein Zufallsbefund ist, belegten die Forschenden anschließlich in einer Validierungsstudie mit 968 Personen der Studie SHIP (Study of Health in Pommerania). Zacharias: „In dieser Studie haben wir gezielt das Laurylcarnitin untersucht und festgestellt, dass auch in diesem Kollektiv die Konzentrationen bei Personen mit Depression niedriger sind als bei Gesunden.“
Welche Rolle Laurylcarnitin bei Depressionen hat, ob die niedrigen Blutkonzentrationen des Metaboliten Folge oder Ursache einer Depression sind, ist aber noch nicht klar. „Zukünftige Studien könnten hier ansetzen und die kausalen Zusammenhänge zwischen Depression und Laurylcarnitin untersuchen, um zu prüfen, ob Laurylcarnitin ein Ziel für neue Therapien sein könnte“, hieß es aus der Arbeitsgruppe.
Links zum Thema
Abstract der Studie im Molecular PsychiatryInstitut für Klinische
Molekularbiologie (IKMB) des UKSH am Campus Kiel
aerzteblatt.de
Majordepression: Psychedelisches Pilzgift erzielt in Studie (tendenziell) bessere Wirkung als Standardmedikament
Verhaltensaktivierung könnte Therapie von Depressionen unterstützen
Demenzerkrankung: Wissenschaftler empfehlen nicht-medikamentöse Therapien gegen Depressionen
Pressemitteilung des Deutschen Ärzteblattes