Derzeitige schmerztherapeutische Verfahren sind vor allem symptomorientiert und deshalb wenig effektiv, kritisierte Herta Flor vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI), Institut für Neuropsychologie und Klinische Psychologie in Mannheim, auf dem 10. Psychiatrie-Update-Seminar am 6. und 7. März 2020 in Wiesbaden.
Übersichtsarbeiten zu den Effekten von Pharmakotherapien wie auch von multimodalen Therapien bei chronischen Schmerzen ergeben meist nur geringe bis moderate Effekte. Meist fehlen Langzeitstudien zum dauerhaften Therapieerfolg.
Da die in den letzten Jahren propagierte Therapie mit Opioiden insbesondere in den USA zu massiven Problemen wie Hyperalgesie, Nebenwirkungen und Abhängigkeiten bis hin zu Todesfällen geführt hat, werden zunehmend psychosoziale Risikofaktoren beachtet. So sind z. B. Personen mit frühkindlicher Traumatisierung, aber auch Patienten mit einer Komorbidität mit psychischen Störungen besonders gefährdet, negative Therapieeffekte zu erleiden.
Das Hauptproblem der derzeitigen Schmerztherapien dürfte jedoch sein, dass sie zumeist nur symptomatisch und nicht auf den Mechanismen der Schmerzentstehung bzw. -chronifizierung basiert sind, erklärte Flor. Die Forschung zur Rolle von Hirnplastizität und Lernen legt dagegen eine Reihe von neuen Interventionen nahe, die auf aversive Lernprozesse und maladaptive Hirnplastizität zielen und vehaltensorientierte, stimulationsbezogene und pharmakologische Interventionen beinhalten. Ziel sollte eine mechanismenorientierte, patienten- und subgruppenspezifische, maßgeschneiderte Intervention sein.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden