So rangieren klinisch neuropsychiatrische Symptome – nach den pulmonalen Langzeitbeschwerden – an zweiter Stelle der Häufigkeit. Dabei sind Fatigue, neurokognitive Probleme und Schlafstörungen sowie Angsterkrankungen die häufigsten Manifestationen.
Während bei der akuten COVID-19-Erkrankung Männer oft schwerer erkranken und auch häufiger neuro-psychiatrische Symptome entwickeln, betrifft das Post-COVID-Syndrom öfters Frauen. Zusätzlich scheinen ein hoher Body-Mass-Index (BMI) und Vorerkrankungen wie Diabetes Typ 2 eine Rolle zu spielen.
Kognitive Beeinträchtigungen wie verminderte Konzentrationsfähigkeit, Wortfindungsstörungen und Gedächtnisdefizite („brain fog“), Schlafstörungen und Fatigue beklagen ca. 20 % bis 30 % der Betroffenen als Kernsymptome des Post- COVID-Syndroms. Überlappungen mit Schlafstörungen im Kontext der Pandemie (sozialer Stress) sind ebenso zu bedenken wie Post-COVID-assoziierte Fatigue in Überlappung mit und in Abgrenzung zu anderen Stress-assoziierten psychischen Erkrankungen wie dem Stress-induziertes Erschöpfungssyndrom, somatoformen Störungen, Depression oder der Functional Neurological Disorder (FND), die schon vor der Pandemie beschrieben waren und bei denen ebenfalls körper- und bewegungsfokussierte Behandlungsmöglichkeiten und Akzeptanz relevant sind. Gerade die somatoforme Störung oder die Functional Neurological Disorder haben eine insgesamt gute Prognose.
Dyspnoe, Kurzatmigkeit und Brustschmerzen sind häufige Facetten des Post-COVID-Syndroms (PCS). Neuere Studien deuten darauf hin, dass es hier eine breite Überschneidung in der Symptomatik von chronischem Hyperventilations-Syndrom mit myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Müdigkeitssyndrom (ME/CFS) gibt – mehrheitlich postinfektiöse Funktionsstörungen, meist nach Virusinfektionen. Beide Syndrome (PCS und ME/CFS) zeigen eine verwirrende Vielfalt von Symptomen mit mentaler und muskulärer Ermüdung, kognitiver Beeinträchtigung, Belastungsintoleranz mit post-exertionalem Unwohlsein (PEM), chronischen Muskelschmerzen, Hyperventilation bei Alltagsbelastung und Kopfschmerzen.
Insgesamt hat die COVID-19-Pandemie komplexe Auswirkungen auf psychisch Erkrankte wie auch auf vulnerable Gruppen (z. B. sozial Benachteiligte oder einsame Menschen) und auf die von der Erkrankung selbst Betroffenen, so Braus. Auch durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie (insbesondere Verlust der Arbeit, eingeschränkte Bildungsmöglichkeiten) sei mittel- und langfristig mit einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit bis hin zu erhöhter Suizidalität zu rechnen.
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden