Wenn der Antragsteller beim Abschluss einer (privaten) Berufsunfähigkeitsversicherung gefragt wird, ob er in den letzten 10 Jahren „wegen Erkrankung oder Störung der Psyche (z. B. depressive Stimmungen, Angstzustände, Belastungsreaktionen, Essstörungen, Erschöpfungszustände) beraten, untersucht oder behandelt“ wurde, muss er auch eine ärztliche Behandlung angeben, die aufgrund seiner Beschwerdeschilderung Anlass war, ihm für zwei Wochen wegen psychischer Belastung durch Arbeit (ICD-10 Z56G) Arbeitsunfähigkeit zu attestieren, erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken mit Urteil vom 16.11.2022 (AZ: 5 U 8/22), über welches die Fachzeitschrift „Versicherungsrecht“ berichtet.
Verschweigt er diese Behandlung, liegt darin eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit, die den Versicherer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen kann. Dass die vom Arzt gestellte Diagnose – möglicherweise – nicht zutraf oder ihr nach Meinung des Versicherungsnehmers (in Kenntnis der tatsächlichen Umstände) kein „echter“ Krankheitswert zukam, ist hierfür nicht von Belang, so das OLG.
(Versicherungsrecht 74 (2023) 9: 569-572)
G.-M. Ostendorf, Wiesbaden